Klappentext:
"Hoch oben am Berg gibt es keine besondere Moral. Jeder von uns
würde, wenn es hart auf hart kommt, den anderen liegen lassen."
(Reinhold
Messner im "Stern", September 2002)
Die Umstände,
unter denen sein Bruder Günther Ende Juni 1970 am Nanga Parbat ums
Leben gekommen sein soll, hat Reinhold Messner seit über 30 Jahren
in Büchern und der Presse gegenüber vielfach dargestellt. Entsprechen
sie auch der Wahrheit?
Die
erste Überschreitung des Nanga Parbat - Aufstieg über die südliche
Rupalwand, die höchste Steilwand der Erde, und Abstieg zur nordwestlichen
Seite ins Diamir-Tal - begann nach dem gemeinsamen Gipfelsieg der beiden
Brüder am 27. Juni 1970. Diese Tat hat Reinhold Messner zu dem gemacht,
der er heute ist: der wohl erfolgreichste und berühmteste Expeditionsbergsteiger
unserer Zeit, der später auch als erster alle 14 Achttausender bestiegen
hat.
Diese Überschreitung, die Reinhold zusammen mit Günther bewältigt
haben will, beschreibt Messner stets als "Notlösung" zur
Rettung des höhenkranken jüngeren Bruders, der sich die Aufstiegsroute
zurück zu den Kameraden nicht mehr zugetraut haben soll.
Aber: Hatte Reinhold Messner diese Überschreitung nicht schon von
Anfang an - sorgfältig vor dem Expeditionsleiter, Dr. Karl Maria
Herrligkoffer, verborgen - geplant, wobei ihm der dann unversehens nachgestiegene
Bruder im Wege stand?
Ein falsches Wettersignal des Expeditionsleiters - die "rote Rakete"
- galt bis vor kurzem als der Grund für die damalige Tragödie.
Dann plötzlich, am 4. Oktober 2001, wurde eine andere Version in
die Welt gesetzt: Anläßlich der Buchvorstellung einer Herrligkoffer-Biographie,
für die Messner das Vorwort geschrieben hatte, wurden von ihm nun
seine damaligen Bergkameraden wegen unterlassener Hilfeleistung beschuldigt:
"Das war nicht ein Herrligkoffer-Fehler, sondern das war eher ein
Fehler der Teilnehmer, nicht ins Diamir-Tal zu gehen."
Diese und
andere Unterstellungen - "alle meine Kollegen von damals wünschen
mir den Tod" - führen jetzt dazu, daß 33 Jahre nach dieser
Tragödie die noch lebenden Teilnehmer der Expedition, darunter der
Autor, sich entschlossen, ihr Schweigen zu brechen und darüber zu
berichten, was damals wirklich passiert ist bzw. folgerichtig wohl geschehen
sein muß. Der Autor, Teilnehmer dieser Expedition und damals ein
enger Freund der beiden Brüder Reinhold und Günther Messner,
veröffentlicht nun sein während der Expedition geführtes
Tagebuch und stellt die Ereignisse und deren Folgen auch in den Zusammenhang
mit Grundsätzen, Fragen und Themen unserer Zeit. Die Aussagen anderer
Teilnehmer ergänzen die Offenlegung der damaligen Vorgänge.
Die wirklichen Umstände, die zum Tod Günther Messners führten,
wurden über 30 Jahre hinweg seitens Reinholds früherer Kameraden
wie ein Geheimnis bewahrt, aus Mitgefühl und Bergkameradschaft für
den damaligen Freund. Die bisher diskret verschwiegenen tatsächlichen
Umstände werden geschildert, präzise beleuchtet und die Widersprüchlichkeiten
des Kronzeugen Reinhold Messner aufgezeigt. Der lange Schatten des Nanga
Parbat holt ihn nun ein ...
Kommentar:
Der
nächste Akt der Enthüllungen um das Drama vom Nanga Parbat.
Kienlin versucht anhand von "geheim" geführten Tagebüchern
das Geschehen in den Juni-Tagen 1970 zu rekonstruieren, allerdings nicht
ohne Häme und Untergriffe. Manche Hypothesen Kienlins sind nicht
leicht zu verstehen, andere Widersprechungen zu Messners Aussagen klingen
hingegen durchaus plausibel. Wer sich Klarheit erwartet, wird enttäuscht,
eine eindeutige Schuldzuweisung wird auch hier nicht erteilt.
Für Alpin-Detektive eine wahre Fundgrube von "Beweisen",
"Indizien" und "Zeugenaussagen", für Rechtsanwälte
und Medien Zündstoff, für Normalverbraucher eine Komödie
der Eitelkeiten - von Bergsteigern mehr oder weniger gut gespielt ...
Zum
Autor:
Max-Engelhardt
von Kienlin, geb. am 22.8.1934 auf Schloß Erolzheim im Landkreis
Biberach-Riss/Württemberg. Nach dem Besuch des Gymnasiums Land- und
Forstwirt, ist u. a. Präsident der "Royal Burma Society of Germany".
Lebt in München.
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