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Reinhold Messner: Mein Leben am Limit

Reinhold Messner

Mein Leben am Limit

Eine Autobiographie in Gesprächen mit Thomas Hüetlin

2004, Piper-Malik, ISBN 3-89029-285-2, 279 Seiten

Klappentext:

"Die Welt war nicht größer als dieses Tal. Man ging auf die Almen, um Heu zu holen. Weiter ging man nicht." – Reinhold Messner ist von Anfang an weitergegangen als die anderen, hat Tabus gebrochen. Früh ließ er das enge Tal seiner Südtiroler Kindheit hinter sich, bezwang als erster den Mount Everest ohne Sauerstoffmaske, bestieg alle vierzehn Achttausender und entwickelte nebenbei neuartige wasserfeste Bergstiefel. Später durchquerte er zu Fuß die größten Eiswüsten der Erde: "Ich gehe freiwillig in die Hölle", sagte er lapidar. Heute ist er EU-Parlamentarier und treibt in Eigenregie sein ehrgeiziges Bergmuseumsprojekt voran. Was aber beflügelt diesen Erfolgsmenschen? Woher schöpft er die Kraft und die Fantasie, sich immer wieder neu zu erfinden? Reinhold Messner gibt Antworten auf diese Fragen. Und spricht über seine Heimat, seine Frau und seine Kinder, über Freundschaft und Egoismus, über bürgerliche Moral und über seinen Instinkt, immer das Richtige zu tun.


Kommentar:

Geheimnisse eines Grenzgängers

"Mein Leben am Limit" ist das Porträt eines Mannes, der sich als "Halbnomaden" und "Grenzgänger" bezeichnet, eines Menschen, der sich auf allen Stationen seines Lebens treu geblieben ist. Wer von dem Buch nun bunte Bilder oder intime Einblicke ins Privatleben erwartet, wird enttäuscht. Frauen, Freunde oder Kinder kommen in dem mit lediglich sechs Schwarzweiß-Fotos ausgestatteten Gesprächsband nur am Rande vor.
23 Stunden sprach der Journalist Thomas Hüetlin mit Reinhold Messner über Heimat und Kindheit, Begegnungen und Anfeindungen; über Niederlagen und Erfolge, über Angst und Tod, aber auch über die ganz persönliche Lebensphilosophie der Bergsteigerlegende – kritisch und offen stellt Thomas Hüetlin die entscheidenden Fragen zu einem "Leben am Limit".
Obwohl man sich den Eindruck einer Selbstinszenierung nicht immer erwehren kann, fragt Hüetlin nicht nur, sondern hinterfragt, und Messner lässt hinterfragen, lässt sich selbst hinterfragen, gewährt gleichsam einen Blick hinter die Kulissen des Medienmenschen Messner. Das macht das Buch spannend und in Hinblick auf das vielschichtige Wesen des Extrembergsteigers hochinteressant - und nicht selten augenzwinkernd:

Hüetlin: Sie können in der Wüste Spaghetti kochen, Sie schmelzen am Mount Everest drei Stunden Eis, um sich zwei Tassen Tee zu wärmen, und zu Hause können Sie keinen Kaffee machen, Herr Messner, das sind recht merkwürdige Anwandlungen.
Messner: Also, ich habe das Glück oder das Pech gehabt, ein Leben lang von Frauen verwöhnt zu werden.

Der Bergsteiger, der alle 14 Achttausender der Welt bestiegen hat, berichtet über seinen Gang auf den Mount Everest, seine Expedition an den Südpol mit Arved Fuchs, seine Erfahrungen mit der Bevölkerung bei einer Wanderung quer durch den Himalaya - und seinen Sturz von der eigenen Hausmauer.

Breiten Raum nimmt auch die Expedition am Nanga Parbat 1970 ein, bei der sein Bruder Günter ums Leben kam. Messner bekräftigt dabei, er sei zusammen mit dem Bruder über eine unbekannte Route abgestiegen. Am Ende der Gletscherzone sei Günther Messner vermutlich von einer Lawine erfasst worden. Ehemalige Bergkameraden hatten die These aufgestellt, Messner habe den geschwächten Bruder nach dem Gipfelsieg alleine in Richtung Lager absteigen lassen. Er selbst habe den anderen Weg gewählt, um seine Idee von einer Überschreitung des 8126 Meter hohen Berges zu verwirklichen. Messner spricht auch über jenen Knochenfund, der seine Aussage beweisen soll.

So kommt in diesem autobiografischen Interview besser als in all seinen Büchern das Wesen, das "Krankheitsbild" Messners zum Vorschein, das er selbst mit "Lebenslust durch Einsatz des Lebens" umreißt. Er könne eben nicht ohne Grenzerfahrungen leben - "Das Geheimnis liegt darin, dass ich die stärksten Erfahrungen nur haben kann, wenn ich an den Rand des Möglichen gehe." Und: "Würde ich eines Tages nicht mehr träumen, nicht mehr reisen können, ich würde alt sein und daran verzweifeln".


Zum Autor:

Reinhold Messner, am 17. September 1944 als zweitältester Sohn eines Dorfschullehrers geboren, wächst in Villnöß/Südtirol auf. Alle neun Kinder müssen in der Landwirtschaft helfen - und "genießen" eine sehr strenge Erziehung inmitten einfacher Verhältnisse. Großzügig ist der Vater nur, wenn es um die Berge geht: Selbst ein glänzender Bergsteiger, erlaubt er seinen Kindern, unbeaufsichtigt die gefährlichsten Touren zu gehen. An der Hand seines Vaters besteigt Reinhold mit fünf Jahren seinen ersten Dreitausender.
Nach seinem Technik-Studium arbeitete Messner kurze Zeit als Mittelschullehrer, ehe er sich ganz dem Bergsteigen verschrieb und ein Leben als Grenzgänger begann. Messner hat etwa hundert Erstbesteigungen durchgeführt, alle vierzehn Achttausender bestiegen und zu Fuß die Antarktis und Grönland, Tibet und die Wüste Takla Makan durchquert. Ihm gelang es, die Yeti-Frage zu beantworten und als Quereinsteiger EU-Abgeordneter zu werden. Zur Zeit arbeitet er am Messner Mountain Museum, einem weltweit einzigartigen Bergmuseumsprojekt.

Thomas Hüetlin, Jahrgang 1962, wuchs zwischen München, Tegernsee und Lech am Arlberg auf. Er arbeitet seit vierzehn Jahren als Reporter beim Spiegel.