Klappentext:
"Die
Welt war nicht größer als dieses Tal. Man ging auf die Almen,
um Heu zu holen. Weiter ging man nicht." – Reinhold Messner ist
von Anfang an weitergegangen als die anderen, hat Tabus gebrochen. Früh
ließ er das enge Tal seiner Südtiroler Kindheit hinter sich,
bezwang als erster den Mount Everest ohne Sauerstoffmaske, bestieg alle
vierzehn Achttausender und entwickelte nebenbei neuartige wasserfeste
Bergstiefel. Später durchquerte er zu Fuß die größten
Eiswüsten der Erde: "Ich gehe freiwillig in die Hölle",
sagte er lapidar. Heute ist er EU-Parlamentarier und treibt in Eigenregie
sein ehrgeiziges Bergmuseumsprojekt voran. Was aber beflügelt diesen
Erfolgsmenschen? Woher schöpft er die Kraft und die Fantasie, sich
immer wieder neu zu erfinden? Reinhold Messner gibt Antworten auf diese
Fragen. Und spricht über seine Heimat, seine Frau und seine Kinder,
über Freundschaft und Egoismus, über bürgerliche Moral
und über seinen Instinkt, immer das Richtige zu tun.
Kommentar:
Geheimnisse
eines Grenzgängers
"Mein
Leben am Limit" ist das Porträt eines Mannes, der sich als
"Halbnomaden" und "Grenzgänger"
bezeichnet, eines Menschen, der sich auf allen Stationen seines Lebens
treu geblieben ist. Wer von dem Buch nun bunte Bilder oder intime Einblicke
ins Privatleben erwartet, wird enttäuscht. Frauen, Freunde oder Kinder
kommen in dem mit lediglich sechs Schwarzweiß-Fotos ausgestatteten
Gesprächsband nur am Rande vor.
23 Stunden sprach der Journalist Thomas Hüetlin mit Reinhold Messner
über Heimat und Kindheit, Begegnungen und Anfeindungen; über
Niederlagen und Erfolge, über Angst und Tod, aber auch über
die ganz persönliche Lebensphilosophie der Bergsteigerlegende – kritisch
und offen stellt Thomas Hüetlin die entscheidenden Fragen zu einem
"Leben am Limit".
Obwohl
man sich den Eindruck einer Selbstinszenierung nicht immer erwehren kann,
fragt Hüetlin nicht nur, sondern hinterfragt, und Messner
lässt hinterfragen, lässt sich selbst hinterfragen, gewährt
gleichsam einen Blick hinter die Kulissen des Medienmenschen Messner.
Das macht das Buch spannend und in Hinblick auf das vielschichtige Wesen
des Extrembergsteigers hochinteressant - und nicht selten augenzwinkernd:
Hüetlin:
Sie können in der Wüste Spaghetti kochen, Sie schmelzen am
Mount Everest drei Stunden Eis, um sich zwei Tassen Tee zu wärmen,
und zu Hause können Sie keinen Kaffee machen, Herr Messner, das sind
recht merkwürdige Anwandlungen.
Messner: Also, ich habe das Glück oder das Pech gehabt,
ein Leben lang von Frauen verwöhnt zu werden.
Der Bergsteiger,
der alle 14 Achttausender der Welt bestiegen hat, berichtet über
seinen Gang auf den Mount Everest, seine Expedition an den Südpol
mit Arved Fuchs, seine Erfahrungen mit der Bevölkerung bei einer
Wanderung quer durch den Himalaya - und seinen Sturz von der eigenen Hausmauer.
Breiten Raum
nimmt auch die Expedition am Nanga Parbat 1970 ein, bei der sein Bruder
Günter ums Leben kam. Messner bekräftigt dabei, er sei zusammen
mit dem Bruder über eine unbekannte Route abgestiegen. Am Ende der
Gletscherzone sei Günther Messner vermutlich von einer Lawine erfasst
worden. Ehemalige Bergkameraden hatten die These aufgestellt, Messner
habe den geschwächten Bruder nach dem Gipfelsieg alleine in Richtung
Lager absteigen lassen. Er selbst habe den anderen Weg gewählt, um
seine Idee von einer Überschreitung des 8126 Meter hohen Berges zu
verwirklichen. Messner spricht auch über jenen Knochenfund, der seine
Aussage beweisen soll.
So kommt
in diesem autobiografischen Interview besser als in all seinen Büchern
das Wesen, das "Krankheitsbild" Messners zum Vorschein,
das er selbst mit "Lebenslust durch Einsatz des Lebens"
umreißt. Er könne eben nicht ohne Grenzerfahrungen leben -
"Das Geheimnis liegt darin, dass ich die stärksten Erfahrungen
nur haben kann, wenn ich an den Rand des Möglichen gehe."
Und: "Würde
ich eines Tages nicht mehr träumen, nicht mehr reisen können,
ich würde alt sein und daran verzweifeln".
Zum
Autor:
Reinhold
Messner, am 17. September 1944 als zweitältester Sohn eines Dorfschullehrers
geboren, wächst in Villnöß/Südtirol auf. Alle neun
Kinder müssen in der Landwirtschaft helfen - und "genießen"
eine sehr strenge Erziehung inmitten einfacher Verhältnisse. Großzügig
ist der Vater nur, wenn es um die Berge geht: Selbst ein glänzender
Bergsteiger, erlaubt er seinen Kindern, unbeaufsichtigt die gefährlichsten
Touren zu gehen. An der Hand seines Vaters besteigt Reinhold mit fünf
Jahren seinen ersten Dreitausender.
Nach
seinem Technik-Studium arbeitete Messner kurze Zeit als Mittelschullehrer,
ehe er sich ganz dem Bergsteigen verschrieb und ein Leben als Grenzgänger
begann. Messner hat etwa hundert Erstbesteigungen durchgeführt, alle
vierzehn Achttausender bestiegen und zu Fuß die Antarktis und Grönland,
Tibet und die Wüste Takla Makan durchquert. Ihm gelang es, die Yeti-Frage
zu beantworten und als Quereinsteiger EU-Abgeordneter zu werden. Zur Zeit
arbeitet er am Messner Mountain Museum, einem weltweit einzigartigen
Bergmuseumsprojekt.
Thomas
Hüetlin, Jahrgang 1962, wuchs zwischen München, Tegernsee
und Lech am Arlberg auf. Er arbeitet seit vierzehn Jahren als Reporter
beim Spiegel.
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