Die
Schuhe gehören zu den wichtigsten Ausrüstungsgegenständen
beim Wandern und Bergsteigen: Ein schlecht sitzender, fehlerhafter oder
instabiler Schuh kann eine Tour zum Horrortrip oder gar zur Katastrophe
werden lassen: Es beginnt mit Blasen und endet bei Unfällen oder
Erfrierungen. Die Schuhe unterscheiden sich von allen anderen Ausrüstungsgegenständen
schon dadurch, dass man sie während der Tour nicht ausziehen bzw.
auswechseln kann. Er wird in der Regel den gesamten Zeitraum einer Wanderung
getragen. Der falsche Schuh kann auf Dauer Fußfehlstellungen zur
Folge haben und so den ganzen Bewegungsapparat beeinträchtigen. Daher
sollte dem Schuhkauf besonderes Augenmerk gewidmet werden.
Vor
dem Schuhkauf_______________________
Welcher Schuh für welches Einsatzgebiet? Bevor man überhaupt
das Bergsportgeschäft betritt, sollte man sich überlegen,
welches Terrain die Schuhe betreten werden. Allein das Zielgelände bestimmt das Modell des Schuhs. Wird es bloß die Wiese ums Eck
sein oder der Hausberg, unsere Dreitausender oder gar das Matterhorn?
Wie lange werde ich ihn durchschnittlich anbehalten - einen Tag, eine
Woche, einen Monat? Im Zweifelsfall ist der steifere, der festere und
stabilere Schuh der bessere.
Hier eine
kleine Hilfe. Um dem Verbraucher einen Überblick über
die Eignung der verschiedenen Schuhmodelle zu verschaffen, entwickelte
die Firma Meindl
vor ca. 20 Jahren eine Klassifizierung ihrer Modelle nach Anwendungsbereichen,
die so auch von anderen Herstellern (z.B.: HanWag)
übernommen wurde:
Einsatzgebiet
Weg
Schuh
steigeisenfest?
A
Freizeit,
Spaziergang
gute
Wege, Parkanlagen
Bequemer
Allrounder & Lightwalker
Nein
A/B
Leichte
Wanderungen im Flachland, Mittelgebirge oder in den Voralpen
gute
und weniger gute Wege, Hüttenwege
Leichte
Wander- und Trekkingschuhe
Nein
B
Anspruchsvolle
Wanderungen im Mittelgebirge, leichte Trekkingtouren
Abseits
befestigter Wege, auch schlechte Steige
Klassische
Trekkingschuhe mit Eignung zur Dauerbelastung
Nein
B/C
Anspruchsvolle
Trekking- und Wandertouren bis ins Hochgebirge
Schlechte
Pfade, Geröll, Klettersteige
Feste
Trekkingschuhe
Geeignet
für Leichtsteigeisen/Grödeln
C
Touren
im Hochgebirge, auf Gletschern, härteste Trekkingtouren
Hochalpin,
selektive Gletscher, Eis- und Firntouren
Weglos,
Gletscher, Eistouren extrem, Eisklettern
Steigeisenfeste
Alpinstiefel
Absolut
Beachten
sollte man, dass nicht jedes Steigeisenunter jeden Schuh montiert werden kann. Schuhe der Kategorie C sind zwar prinzipiell für
Steigeisen geeignet, allerdings in den meisten Fällen nur für Riemensteigeisen und keineswegs für Kipphebel-
oder Step In-Steigeisen. Für den Einsatz mit Kipphebel-
oder Step In-Steigeisen ist sowohl am vorderen Rand der Sohle, als auch
hinten ein steifer, hervor ragender Steg erforderlich, der das
Steigeisen am Schuh hält. Auf diese ist unbedingt zu achten. Zudem
muss die Sohle für die Montage von guten Steigeisen absolut biegefrei,
also äußerst steif sein, sodass Kipphebelsteigeisen durch
ein Durchbiegen der Sohle nicht vom Schuh springen.
Bei Schuhen der Kategorie D ist die Sohle so steif, dass letzteres nicht
passieren kann, also die Kraft vom Schuh auf das Steigeisen vibrationsfrei
übertragen wird.
Prinzipiell
gilt: Je höher (mind. knöchelhoch) und steifer ein Schuh,
desto weniger knickt man beim Verlassen befestigter Wege um und droht
ein Sehnen- bzw. Muskelriss.
Auch das Außenmaterial bestimmt die Robustheit des Schuhs
mit: Leder wird von den meisten Herstellern immer noch verwendet, da
es sich durch seine Robustheit auszeichnet und langfristig Stabilität
und Wasserdichtheit verspricht. Zusätzlich passt sich ein Lederschuh
auf Dauer der individuellen Fußform an. Um diese Eigenschaften
zu behalten, bedarf es aber auch gelegentlicher Pflege (siehe
unten).
Die Schwachstelle vieler Schuhe sind die Nähte: Durch sie
dringt Wasser in den Innenschuh, sie sind jene Stellen, die nach vielen
Touren als erstes w.o. geben. Deshalb der Tipp: Je weniger Nähte,
desto länger halten die Schuhe und desto wasserabweisender sind
sie!
Das Futter:
Hier kommen
zwei unterschiedliche Arten von Futtermaterialien zum Einsatz. Schuhe
mit Lederfutter oder mit Gore-Tex Membran.
Schuhe
mit Gore-Tex Membran haben den Vorteil, wasserdicht zu sein,
solange die Membran unbeschädigt ist. Bei Volllederschuhen ist
die Wasserdichtigkeit von der Pflege abhängig, das heißt,
ein gut gepflegter Lederschuh kann auch nahezu wasserdicht sein.
Entscheidend
ist weiters, das Richtige im Schuh zu tragen. Die Socken sollten den Schweiß nicht aufnehmen, sondern auf dem schnellsten
Weg weiterleiten. Leder nimmt den Schweiß einfach auf und
speichert ihn, weshalb bei Hitze der Schuh mit Lederfutter einen unerreichten
Komfort bietet.
Für
welche Bauart man sich letztendlich entscheidet, ist reine Geschmacksache
und hängt auch wieder vom Einsatzgebiet ab.
Sohlen:
Hier wird
zwischen montierten und angespritzten Sohlen unterschieden.
Angespritzte
Sohlen bestehen aus Polyurethan (PUR) und werden auf den
fertigen Schaft angespritzt. Dieses ist ein sehr schnelles und kostengünstiges
Herstellungsverfahren. Die Nachteile der angespritzten Sohlen liegen
in ihrer Weichheit, hohen Abnutzung und darin, dass sie sich kaum mehr
austauschen lassen.
Montierte
Sohlen hingegen bestehen aus einer Brandsohle, die Sohle
und Schaft miteinander verbindet, einer Zwischensohle, in die
Dämpfungs- und Stabilisierungselemente eingebaut sind, und der
eigentlichen Laufsohle. Die Laufsohle solcher Schuhe besteht
in der Regel aus Gummi, das die beste Abriebfestigkeit hat und gleichzeitig
guten Grip bieten soll. Das wird wie bei Autoreifen durch die Gummimischung
und das Profil erreicht. Das Profil sollte zusätzlich auch einen
hohen Selbstreinigungseffekt haben und die natürliche Abrollbewegung
des Fußes unterstützen.
Es gibt
zwei unterschiedliche Arten die Sohle zu "montieren":
Das Zwienähverfahren:
Hierbei handelt es sich um ein Bodenbefestigungs-verfahren mit einem
eingestochenen Rahmen, bei dem die 2 Einstechnähte von außen
sichtbar sind.
Bei der Zwicktechnik wird die Brandsohle mit dem Schaft verzwickt; diese
kann durch Klebe-, Klammer- oder Träckszwicktechnik erfolgen, wobei
die Klebezwicktechnik den Vorrang hat. Der Vorteil gegenüber dem
Zwienähverfahren besteht darin, das sich ein wasserdichter Wetterschutzrand
aufbringen lässt.
Das soll ein Bergschuh bieten:
Genügend Stabilität und Robustheit
Geringes
Gewicht
Flexibles
Abrollverhalten für bequemes Gehen
Wasserabweisendes Oberleder mit möglichst wenig, aber gut verarbeiteten
Nähten
Vibram-Gummisohle mit ausgeprägtem Stollenprofil
Der
Schuhkauf_______________________
Tipps für den Schuhkauf:
Schuhkauf
möglichst spät am Tag, da die Füße im
Laufe des Tages anschwellen und das im tatsächlichen Einsatz
noch wesentlich mehr als im Alltag. Im Zweifelsfall den größeren
Schuh wählen!
Nimm
dir viel Zeit zum Schuhkauf, teste alle Paare, die in die nähere
Auswahl kommen, ausgiebig!
Ziehe
zur Anprobe genau jene eigenen Socken an, die du später
beim Bergsteigen/Wandern auch trägst. Socken machen - je nach
Dicke - sowohl im Volumen als auch in der Länge einen deutlichen
Unterschied. Im Geschäft liegen zwar meist Probiersocken auf,
aber just deine favorisierten sind nicht darunter ...
Achte
auf den Fersensitz: Die Ferse darf auf keinen Fall innerhalb
des Schuhs herumrutschen - wenn die Haut zu sehr am Innenfutter reibt,
verursacht das Blasen.
Schnüren:
Ferse nach hinten drücken, Lasche sauber zentrieren und die so
genannte 2-Zonen-Schnürung anwenden: Beim Bergaufgehen
den Schaft des Schuhs zur Erhöhung der Beweglichkeit etwas lockerer
lassen, zum Bergabgehen den Schaft vor allem im Bereich der Beuge
fester schnüren.
Gehst
du auf einer schrägen Fläche bergab, dürfen die
Zehen nicht vorne anstoßen. Faustregel: In einem
passenden Schuh ist vorne noch etwa 1 cm Platz. Die Zehen sollten
also genügend Bewegungsfreiheit haben, der übrige Fuß
fest im Schuh fixiert sein. Bei weit offener Schnürung und nach
vorne geschobenem Fuß sollte zwischen Fersenbein und Schuh noch
ein Finger hineinpassen, also etwa 10 mm Platz sein. Man sollte auch
daran denken, dass eventuell bei Wintertouren noch ein zusätzliches
Paar Socken getragen werden, also genug Spielraum lassen!
Die
Schuhe sollten nirgends drücken.
Der
Schuh deiner Wahl sollte so lange wie möglich im Geschäft (Teststrecke vorhanden?) am Fuß gelassen werden (mindestens
10 Minuten), damit sich Schaft und Polsterungen anpassen. Beim Bergaufgehen
solltest du in der Ferse Halt haben, beim Abwärts-Gehen mit den
Zehen vorne nicht anstoßen.
Nach
dem Schuhkauf_______________________
Zuhause einlaufen! Um sich die erste Tour nicht gleich mit
schmerzenden Füßen und Blasen zu verleiden, sollten die Schuhe
schon vorher eingelaufen, d.h. immer wieder - auch auf kurzen
Gängen oder in der Wohnung - getragen werden. Die meisten guten
Berggeschäfte bieten die Möglichkeit, eventuell Schuhe umzutauschen
- natürlich in sauberem Zustand. Nach den ersten "Gehversuchen"
im Wohnzimmer/Büro etc. die ersten kleinen Spaziergänge und
Wanderungen.
Die Socken: Neben dem Schuhwerk
ist auch die Wahl der Socken entscheidend. Sie sollten aus Fasern
bestehen, die Feuchtigkeit aufnehmen. Trockene Füße sind
wichtig, um Blasenbildung vorzubeugen, denn Feuchtigkeit weicht die
Hornschicht auf und die Füße werden anfälliger. Wer
stark an den Füßen schwitzt, sollte außerdem ein zweites
Paar Socken bereithalten.
Blasen: Wer zu Druckstellen an bestimmten
Stellen neigt, kann diese vorsorglich mit einem Druckstellen- und
Blasenpflaster abkleben. Spätestens bei örtlichem Wärmegefühl
oder Reibung sollte die Druckstelle versorgt werden. Neben speziellen
Blasenpflastern gibt es auch Druckschutzringe, die um die geschädigte
Stelle gelegt werden. Eine entstandene Blase sollte nicht geöffnet
werden, denn die enthaltene Flüssigkeit bietet dem Gewebe gute
Bedingungen, um abzuheilen. Falls sich die Blase dennoch öffnet,
sollte sie desinfiziert und mit Pflaster abgedeckt werden.
Tipp: Sollten neue Schuhe irgendwo "zwicken", einfach durch nasses
Gras, Schnee oder Bäche laufen, die Schuhe also ordentlich "wässern",
damit sie sich schneller dem Fuß anpassen.