Das Gift ist eine wässrige, farblose bis gelbliche,
geruch- und geschmacklose Flüssigkeit mit toxischen sowie enzymatischen
Eigenschaften. Enzyme dienen der Verdauung, können aber auch als
Toxine wirken, indem sie in die Blutgerinnung eingreifen oder Gewebe zerstören.
Das Gift wird über die mit einem Kanal ausgestatteten Giftzähne
auf das Opfer übertragen. Ungiftige Nattern haben keinen Kanal in
den Zähnen und können daher das Gift, das sich im Speichel befindet,
nicht übertragen.
Toxine: Neurotoxine, d.h. Nervengifte, greifen
das periphere Nervensystem an und führen zu Muskellähmungen,
in weiterer Folge auch zu Atemmuskellähmungen.
Enzyme: Dienen der Vorverdauung der Beute.
Einige greifen jedoch das Gerinnungssystem an und führen so zu
einer Ungerinnbarkeit des Blutes. Die Opfer sterben daher an inneren
Blutungen.
Dieser Effekt wurde auch schon therapeutisch bei der Behandlung von
Thrombosen und Erfrierungen genutzt.
Außerdem kann es auf den Kreislauf wirken und zu Blutdruckabfall
führen.
Hornviper
Vergiftungssymptomatik
Neurotoxische Wirkung: Dieses Gift ist bei Giftnattern und
Seeschlangen sowie bei der südamerikanischen Klapperschlange
verbreitet. Die Lähmung beginnt mit einer Augenmuskellähmung,
die sich in einem starren Blick sowie einer Ptosis, d.h. einer Lähmung
der Augenlider, äußert und durch Lähmung der Atemmuskulatur
zum Tod führt.
Muskulaturschädigende Wirkung: Bei Seeschlangen
und einigen australischen Giftnattern. Das Enzym greift die quergestreifte
Muskulatur an und zersetzt sie. Typisch sind Muskelschmerzen und ein
dunkelbrauner Urin. Dieses Gift kann zu Nierenversagen führen.
Störung der Blutgerinnung: Tritt bei Bissen
der Vipern und Grubenottern auf. Die Ungerinnbarkeit des Blutes kann
Wochen andauern. Erste Zeichen sind Schleimhautblutungen, der Tod
kann durch innere Blutungen eintreten.
Schwellung und Gewebszerstörung: Besonders
bei Grubenottern und Vipern, wobei es neben einem massiven Ödem
zu Blasenbildung und Gewebsnekrosen kommen kann. Durch den Flüssigkeitsverlust
besteht auch immer Schockgefahr.
HerzKreislaufbeschwerden: Treten sowohl
bei Bissen durch Giftnattern als auch durch Vipern und Grubenottern
auf. Durch Flüssigkeitsverschiebung kann es zu Schockzuständen
kommen.
Allergische Reaktion: Wenn es bereits früher
zu einem Schlangenbiss gekommen ist.
Erste Hilfe
Nach einem Biss durch einheimische Giftschlangen treten
bei allen Arten meist innerhalb von 2 Stunden Übelkeit, Erbrechen,
Bauchschmerzen und Durchfall auf. Das Opfer ist blass, der
Puls beschleunigt. Selten kann es zu Bewusstlosigkeit und allergischen
Reaktionen kommen.
Achtung! Alte Behandlungstechniken
wie Einschneiden der Wunde, Aussaugen des Giftes und Abbinden der Extremität
sollten nicht mehr durchgeführt werden!
Beruhigung des Bissopfers
Ruhigstellung der betroffenen Körperstelle
Entfernung von Schmuckgegenständen
Rascher, wenn möglich liegender Transport in das nächste
Krankenhaus.
Flüssigkeitszufuhr, am besten in Form von Wasser
Beobachtung der Kreislaufsituation, Schockbekämpfung,
wenn erforderlich Beatmung und Herzmassage.
Bandagieren des Armes und Beines mit einer elastischen Binde
von der Bissstelle herzwärts. Diese "pressur/immobilization
technique" wird in Australien bei Bissen durch Giftnattern
erfolgreich praktiziert, da die Freisetzung des Giftes in den Körper
verzögert wird:
Diese Technik sollte allerdings nicht bei Bissen durch Vipern
und Grubenottern angewandt werden, da diese Gifte lokale Gewebsschäden
verursachen.
Anwendung von Antiseren: Hier wird zwischen Einzelgift-
und Kombinations-Seren unterschieden. Meist sind jedoch die
Nebenwirkungen dieser Seren stärker als die Giftwirkung, wodurch
es nicht selten zu anaphylaktischen Reaktionen kommt. Sie können
daher nur angewandt werden, wenn intensivmedizinische Maßnahmen
möglich sind.
Im Krankenhaus intensivmedizinische Betreuung, Kontrolle
der Blutgerinnung, eventuell chirurgische Intervention bei starken
Ödemen.
Vorsorgemaßnahmen
Die meisten Schlangen sind sehr scheu und flüchten
schon bei der leisesten Erschütterung. Sie hören nichts, sehen
sehr schlecht, riechen durch Züngeln und reagieren in erster Linie
auf Erschütterung.
Man soll genau schauen, wohin man tritt, greift oder sich
setzt.
Festes Schuhwerk und lange Hosen tragen.
Bei einer Konfrontation mit einer Schlange ruhig stehen bleiben.
Nicht im Freien auf der Erde liegen, da die Schlange die
Wärme sucht und man morgens unverhofft z.B. neben einer Klapperschlange
liegen kann.
Schuhe und Strümpfe vor dem Anziehen ausschütteln.
Die Schlange nach einem Biss wenn möglich identifizieren
und sie nicht töten.
Zusammenfassung
In Europa ist die Gefahr, durch den Biss einer Giftschlange
schwer oder lebensbedrohlich zu erkranken, gering. Am Kletterfelsen Rabenstein
bei St. Paul ist zum Beispiel noch nie ein Kletterer gebissen worden,
obwohl sich gern Hornvipern am Kletterfelsen sonnen.
Der
Kletterfelsen Rabenstein bei St. Paul und eine Hornviper
Wenn man jedoch nach Australien, Afrika oder
Amerika fährt, ist die Gefahr eines lebensbedrohlichen Schlangenbisses
weit größer.
Die giftigsten Schlangen der Welt leben in Queensland (Australien).
Das Gift der Inland Taipan, Small-scaled oder Fierce
snake könnte beispielsweise 250.000 Mäuse töten. Die
zweitgiftigste Schlange, die Common Brown Snake verursacht in kürzester
Zeit Kopfschmerzen und Blutgerinnungsstörungen. Begegnungen mit Giftschlangen
sind aber auch in den USA nicht selten. So kann es einem passieren, dass
man beim Klettern im Yosemite Nationalpark plötzlich einer Klapper-
oder Korallenschlange gegenübersteht. Warnschilder in den amerikanischen
Nationalparks weisen auf diese Gefahr hin.
Der
El Capitan im Yosemite Nationalpark, USA
Bei Reisen nach Südamerika, in den Dschungel
oder nach Afrika ist die Gefahr, einer Giftschlange zu begegnen, ebenfalls
gegeben. Man sollte sich daher vor Antritt einer Reise über die vorkommenden
Giftschlangen informieren, z.B. im Internet oder in Büchern.
Beachtet man jedoch die Vorsorgemaßnahmen, braucht man keine Angst
vor Schlangenbissen zu haben, die Reise wird zu einem schönen Erlebnis
und endet nicht auf der Intensivstation eines Krankenhauses.