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Im Palastgarten der Ostalpen

Monte Cevedale

3769m, Eissee-, Suldenspitze; Überschreitung der Zufallspitzen
(Ortlergruppe, Italien, 7/1996)
Zufallspitzen und Monte Cevedale

Vorbemerkung:

Die gewaltige Gletscherpyramide des Monte Cevedale, die mit den durch einen schmalen Grat verbundenen Zufallspitzen einen markanten Doppelgipfel darstellt, zählt zu den höchsten Erhebungen der Ortlergruppe. Mächtige, den Cevedale umgebende Gletscherflächen wie der Forni-Gletscher und die imposante Kulisse des Dreigestirns Königsspitze-Zebru-Ortler unterstreichen, dass man sich mitten im Palastgarten der Ostalpen befindet. Überdies dient der Cevedale mit seiner - relativen - Einfachheit als idealer Trainingsberg für Königsspitze und Ortler.

Hüttenzustieg: Sulden - Schaubachhütte - (Eisseespitze, Suldenspitze) - Casati Hütte

2-2,5 Stunden/HU: 700-800m

 

 

 

 

Eisseespitze mit Blick zur Königsspitze

Um Kraft zu sparen, besteigen wir in Sulden (75 Km von Meran) die Gondelbahn und fahren zur Schaubachhütte (2581m; auch Rifugio Città di Milano) hoch. Von hier kurz in südlicher Richtung taleinwärts, dann über Moränengeröll zum Großen Suldenferner. Über diesen problemlosen, aber stellenweise spaltenreichen Gletscher zum Eisseepass, 3141m.

Für den Aufstieg zum Eisseepass bieten sich zwei andere Varianten an:

Variante 1

Überschreitung der Eisseespitze

Etwa eine halbe Stunde nach der Schaubachhütte zweigt der "Stecknerweg" nach links ab. Wir folgen alten, roten Markierungen über Schutt und Blockwerk, bewältigen mit zeitweiser Handarbeit den kurzen Westgrat und stehen, von der Hütte aus gerechnet, nach 2-2,5 Stunden am Gipfel der Eisseespitze, 3243m. Der Ausblick auf die Majestäten der Ortlergruppe und unser morgiges Ziel, den Cevedale, rechtfertigt den Abstecher. Im Abstieg folgen wir dem Südwestgrat über einen breiten Firnrücken und einen kurzen Felsgrat zum Eisseepass am Rande des Langerferners hinab. 20-30 Minuten

Variante 2

Besteigung der Suldenspitze, 3376m, dem "Hausberg" der Casati Hütte. Unschwierig über felsdurchsetzte Grataufschwünge und eine Firnschneide. Vom Eisseepass 1 Stunde.

Vom Eisseepass am Langenferner gemütlich zur teuren, meist überfüllten Casati Hütte (Rifugio Gianni Casati, CAI-Sektion Mailand), 3254m.

Casati Hütte, Monte Cevedale - Zufallspitzen - Casati Hütte

5-6 Stunden/HU: 600m

Am Monte Cevedale

 

Die Überschreitung der Zufallspitzen

Wir brechen früh auf (5 Uhr), um noch feste Gletscherbrücken vorzufinden. Von der Hütte südöstlich über den weiten, sanft ansteigenden Zufallferner. Immer auf die gut sichtbare Einsattelung zwischen Südlicher Zufallspitze und Cevedale zu. Die Nordflanke wird erst unterhalb der Scharte steiler, kein Problem bei Firn, Steigeisen bei Eis. Vor dem Steilaufschwung ist die Randkluft zu beachten. Von der Einsattelung, 3698m, wenden wir uns nach rechts über den schönen Südostgrat zum Gipfel des Monte Cevedale, 3769m, 1,5-2 Stunden. Herrliche Sicht auf die Gletscherwelt des Forni-Gletschers und die mächtige Eispyramide der Königsspitze, unser nächstes Ziel.

Nun wieder zurück zur Einsattelung. Während sich am Cevedale-Gipfel meist multinationale Versammlung bildet, trennt sich vor der Überschreitung der Zufallspitzen die Spreu vom Weizen. Denn nun ist der komplette Bergsteiger gefragt, der mit Eis und Fels gleicher Maßen gut zurechtkommt.

Wir befinden uns fast ausschließlich auf einem scharfen, manchmal felsdurchsetzten, manchmal überwächteten (!) Grat. Über einen Firngrat zügig zum eisernen Kreuz der Südlichen (oder Hinteren) Zufallspitze (3757m, Cima Cevedale, Cevedale II), von dort in kombinierter Kletterei über plattige und luftige Felshöcker (Stellen I; Vorsicht, wenn noch die Steigeisen montiert sind!) zum Gipfel der Nördlichen Zufallspitze. Nun hinunter (bis 30°) zum Fuß des NW-Grates und über den Langenferner zurück zur Casati Hütte.

Tipps und wichtige Hinweise:

Auf dem Weg zur Casati Hütte

  • Vor allem in der Casati Hütte können sich auf Grund der Höhe Kopfschmerzen und Übelkeit einstellen. Wir haben es selbst erlebt, als ein höhenkranker Alpinist per Hubschrauber ins Tal geflogen werden musste. Ebenso in Erinnerung bleibt mir die schlimmste Tarock-Niederlage, die ich je erlebt habe (- 3500 Punkte!) - die Höhe, die Höhe ...
  • Der Cevedale bietet sich hervorragend als "Aufwärmtour" für Königsspitze und Ortler an.
  • Schwierige Orientierung bei Nebel und Sturm!

Wissenswertes:

  • In Sulden bildete sich bereits vor dem Ersten Weltkrieg eine große Bergsteigertradition; auf der Bank vor der damals einzigen Touristenherberge, dem Hotel Eller, warteten bis zu 50 Bergführer auf Kunden.
  • Die große Gebirgsschlacht des Ersten Weltkriegs hat der Ortlergruppe zweifellos seinen (traurigen) Stempel aufgedrückt; in den Jahren 1915/18 befestigte Österreich den Grenzpass am Langenferner Joch und errichtete mit einer Steinunterkunft den Urbau der heutigen Casati Hütte.
  • Der Forni-Gletscher im Gebiet zwischen Cevedale und Tresero erstreckt über 3x5 Kilometer und zählt damit zu den größen Gletscherflächen des Alpenraums.
  • Der Name "Cevedale" stammt von der italienischen Verballhornung des Wortes "Zufall".

Erstbesteigungen:

Monte Cevedale: Julius Payer bestieg den Cevedale mit seinen Führern Pinggera und Reinstadler am 7.9. 1865 über das Langenferner Joch, obwohl ihn die Senner der Alpe Forno vor den "gar grässlichen Gefahren" gewarnt hatten.

Die erste bekannte Überschreitung der Zufallspitzen gelang O. Schuster, J. Reinstadler und F. Zischg im September 1889.

Karten:

Freytag & Berndt WKS 6, Ortlergruppe, Martell, Val di Sole, 1:50.000

Kompass Wanderkarte Ortler/Cevedale, Nr. 72, 1:50.000

Internet:

Sulden am Ortler

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