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Iran – Demawend

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September, 2009; Text/Bilder: Thomas Rambauske

Zelt
Dieser Morgen am Plateau der Viertausender wird mir noch lange in Erinnerung bleiben ...

Tag 6

Mahmoud Abad am Kaspischen Meer

2,5 Stunden FahrzeitEssen
Das Essen schmeckt in der Bergwelt des Elburs am besten.

 

Abstieg
Landschaft mit Muli ...

 

Mulitreiber
Das können sie wunderbar: lachen von einem Ohr zum anderen ...

 

 

 

 

 

 

 

Kaspsiches Merr
An die Weite des Meeres müssen sich unsere Augen erst gewöhnen ...

Kapsisches Meer
Absurd, in voller Montur baden zu müssen ...

 

Wasserpfeife
Das Wasserpfeifen-Rauchen gehört zu den wenigen Genüssen, die sich ein Iraner leisten darf ...

Ein Tag extremster Gegensätze! Wir schälen uns in fröstelnder Bergwelt auf fast 4000 Metern aus dem klammfeuchten Schlafsack und werden auf heiß dampfender Meereshöhe, nämlich am Kaspischen Meer, ins Bett kriechen. Von der Einsamkeit des Elburs-Gebirges ans übervölkerte Meer, vom spartanischen Zelt zum Luxus einer Touristenherberge, vom Nirgendwo ins pralle Leben.

Doch der Reihe nach. Dieser Morgen am Plateau der Viertausender gehört wohl zu den schönsten Erlebnissen im Iran. Nach 10 Stunden traumhaft guten Schlafes erwartet uns Imad mit dem üblich reichhaltigen Frühstück. Wir genießen es in vollen Zügen, als wollten wir die Zeit hier um jeden möglichen Augenblick aufstocken. Weg will hier niemand. Zähneputzen im Bach, zusammenpacken und langsamer Abstieg nach Vandarbon. Unterwegs treffen wir auf eine fidele Gruppe iranischer BergsteigerINNEN (!), die zu einem Kletterkurs unterwegs ist. Ausgerüstet mit doch hochwertigem Equipment, braungebrannt und ausgelassen lachend muten sie ebenso an wie unsere einheimischen BergfexInnen. Als sie uns sehen, geht ein freudiges Jauchzen durch die Gruppe. "Foto! Foto!", rufen sie und haben uns schon eingekreist. Woher wir kommen, was wir vorhaben, wohin nun die Reise geht … ?

Iranerinnen
Kletterinnen begegnen uns mit einer Warmherzigkeit, die wir unseren Breitengraden schon verloren haben ...

Wir legen einander die Arme um die Schultern, klick-klick, jeden von uns wollen sie in ihrer Mitte haben, klick-klick, vor allem Flo, unseren blonden Bayern, wollen sie von allen Seiten ... klick-klick. Heute sind mir diese Bilder ein Zeugnis, dass es im Iran so schlecht nicht bestellt ist um jene Frauen, die ihre Nischen suchen und finden. Nischen, wo sie ihre Träume ausleben und Frau sein dürfen. Auch wieder so ein Gegensatz zwischen den schwarz verschleierten Alten in den Städten und den jungen Frauen, die jede Gelegenheit nützen, sich das Kopftuch herunterzureißen und aus dem engen Korsett der Vorschriften auszubrechen.
Dann wieder diese Offenheit gegenüber Ausländern, diese Sehnsucht, gesehen zu werden und zu sehen, der unstillbare Wille zum Brückenschlag zu anderen Welten und Kulturen. Was dieses weltoffene Vorwärts, diese interessierte Menschen- und Kulturfreundlichkeit der jungen Iraner angeht, sind sie uns meilenweit voraus. Die wahren Iraner sind Menschen, die nichts anderes wollen als Frieden. Beseelt von einem tiefen, aber nie und nimmer fanatischen Glauben pocht tief drinnen ein weiches, weites Herz, das aufbrechen will, aber nicht darf, das frei sein will und doch immer wieder von der eisernen Faust des Regimes in die Schranken gewiesen wird.
Als wir in Vandarbon auf die Mulis warten, holt einer von uns sein Handy hervor und lässt Louis Armstrongs "A Wonderfull World" verlauten – wie wunderbar dieses Lied hierher in diese wunderschöne Welt passte.

Weiter ans Kaspische Meer! Bei der Abfahrt von der iranischen Hochebene zur Küste durchfahren wir eine eigentlich wunderschöne Waldlandschaft, der nur ein Makel anhängt: An den Straßenrändern türmt sich Müll. Was aus den Autofenstern geworfen oder von Picknicks zurückgelassen wird, bleibt dort auf ewig liegen. Das Wort "Umweltschutz" dürfte im Iran leider noch unbekannt sein, obwohl in der Verfassung festgelegt! Bizarrerweise wird die Reinhaltung der Natur in keiner Weise so streng verfolgt wie etwa die Verpflichtung für Frauen, in vollem Ornat zu schwimmen, wie wir bald erleben werden.
Unser an die begrenzte Arena der Viertausender gewöhnter Blick musste schnell auf die Weite und Unendlichkeit des Meereshorizonts umschalten. Genauso wie wir uns wieder an den Trubel gewöhnen mussten. Zahlreiche Ausflügler und Familien bevölkern nämlich den schwarzgrauen Strand. Hier geht es zu wie am Ufer unserer Seen: Gelächter, Kichern, Jux & Tollerei – und all das, obwohl solcherlei Vergnügungen während des Ramadan eigentlich verboten sind. Zum Schmunzeln regen uns die Gestänge jener Sichtschutzwände an, die die Strände zwischen Männern und Frauen abteilen sollen. Während des Ramadan fehlen die Vorhänge jedoch, da die Sittenwächter ja annehmen, dass man sich an das Badeverbot halten würde. Auch wieder so ein Widerspruch. Alles badet und tollt und schwimmt munter durcheinander – die Frauen allerdings in voller Bekleigung –, während Ordnungshüterinnen in strenger Manier den Strand entlangwandern, um zu pfeifen, sollte einer weiblichen Schwimmerin mal das Kopftuch zu sehr vom Haupt rutschen. So gesehen macht uns die Baderei im sehr salzigen, warmen und flachen Meer wenig Spaß. Nur das Abendessen samt anschließendem Wasserpfeifen-Rauchen am Ufer des Meeres, das hat was! Wenn es dazu noch ein Bier gäbe … Träumen darf man ja ...
Übernachtet wurde in einem einfachen Bungalow in Strandnähe, wobei ich mich im Krach des Nightlifes doch sehr an die Stille der vergangenen Zeltnacht zurücksehnte.

Wasserpfeife
Nur ein Bierchen fehlt zum vollendeten Glück ...