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Expedition Mustagh Ata - Anreise - Tag 4-6
Anreise

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Tag 1-3 | Tag 4-6


Tag 4

Naryn - Tourugart Pass (3746m; kirg.-chin. Grenze) - Kashgar

Halbtot von der Fahrerei

Vor Vitalität berstend nach 4 Tagen Fahrerei ...

 

 

Grenzkontrolle an der kirg.-chin. Grenze  ...

Beamte Nr. 4-10 ... (eine riskante, weil verbotene Aufnahme)

 

 

 

 

Ein "Restaurant" im Basar

 

Ein Schaschlik-Koch

Handel mit Melonen

Abschied von Tachmina

13 Stunden Fahrzeit heute! Die Straßen werden zusehends schlechter und verwandeln sich am Tourugart Pass in ein einziges Schlagloch. Unsere Belastbarkeitsgrenze ist längst erreicht. Die Landschaft wird trockener, wilder, zerklüfteter. Am Pass schneit es, der Himmel weint - wir nehmen Abschied von Tachmina (keine Angst, wir werden sie bei der Rückreise wiedersehen!), werden an den Boss der VK-Verbindungsagentur, Kong Bacoun (auch genannt "King Kong") weitergereicht, der uns wieder an Ken, den chinesischen Babysitter, übergibt. Mit einem komfortableren Bus geht es nun wieder bergab, einer endlosen Kolonne von Schrotttransportern nach.

Mao in Las Vegas

An der chinesischen Grenze kommt, was kommen musste: Beamter Nr.1 inspiziert den Bus, Beamter Nr. 2 deutet uns herauszukommen - mit Handgepäck, Beamter Nr. 3 befiehlt uns, es zu öffnen, Beamte Nr. 4-10 kontrollieren selbst Zahnpastatuben und Pillendosen (Vorsicht! Man sucht nach anti-kommunistischem Propaganda-Material - also etwaige Mao-Comics zu Hause lassen!), Beamter Nr.11 kontrolliert unsere Pässe, Beamter Nr.12 kontrolliert, ob Beamter Nr.11 gut kontrolliert hat, Nr.13 kontrolliert, ob Nr.12 Nr.11 gut kontrolliert hat, Beamter Nr. 248 kontrolliert ... - Tachmiiiiiina, Hiiiilfeee!

Wir lernten China erstmals von seiner gastfreundlichsten Seite kennen und stünden wohl heute noch dort, wenn Beamter Nr. 4523 nicht krank gewesen wäre ...

Als wir in Kashgar einfahren, wähnen wir uns im ersten Augenblick in Las Vegas - Leuchtschriften und blinkende Reklameschilder, wohin man schaut, Marlboro, Sony und Nokia, tolle Autos und Geschäfte - und das mitten in China!

In Wahrheit ist Kashgar ein uralter, aber reicher Handelsknotenpunkt, der, an der Seidenstraße gelegen, seit jeher Geschäfte mit angrenzenden Ländern betreibt. Auch das Hotel "Kashgar", in dem wir logieren, spielt alle Stückerl: Dusche, Fernseher, WC, Telefon, nur Strom gibt es keinen, als wir eintreffen (Kein Strom in Las Vegas? Stromrechnung nicht bezahlt? Wahrscheinlich Beamter Nr. 4523 ...).

Erst auf der Rückreise wird Zeit sein für den berühmten Sonntagsmarkt, einen der größten Basare der Welt.

Welch ein Erlebnis!

Von Nah und Fern strömen sie herbei, Händler und Geschäftsreisende, Marketender und Bauern, Künstler und Handwerker, Menschen aller Couleur, und jeder träumt vom guten Geschäft. Welch ein Erlebnis, durch dieses Gewirr von Lauten und Stimmen, Düften und Farben zu schwimmen, sich treiben zu lassen durch die Gassen der Handwerker und Künstler, der Gemüsehändler und Gourmetköche. Hei, da wird auf offener Straße gefeiert, gefeilscht und gegessen, Friseure rasieren Bauernköpfe zwischen Bergen von Melonen, Schuster reparieren zerlaufene Latschen neben rauchenden Schaschlik-Bars, Kinder tollen um die Buden der Spaghetti-Dreher. Wie eine Arterie durchzieht dieser Basar die Stadt, pulsiert, scheint ihr für einen Tag jenes Leben zu verleihen, das ihr unter der Woche fehlt, wenn die chinesische Strenge wieder um sich greift.

Tag 5

Kashgar - Kara Kul-See (3750m)

Giganten am Weg ...

Er ... ER!

Noch ist die Anreise nicht zu Ende! Um uns langsam auf die Höhe des Basislagers einzustellen (4450m), bleiben wir noch für eine Nacht im "Tal", am Kara Kul-See auf 3750m Seehöhe (Großglocknerhöhe!).

Sechs Stunden sind wir durch abenteuerliche Schluchten und Klammen gefahren. Sandsteinartige Wände bauen sich da über unseren Köpfen auf, drohen jeden Augenblick zusammenzubrechen und uns unter sich zu begraben. Manche Felsen ragen so steil über die Straßen empor, dass wir uns manchmal wegducken aus Angst, dass uns ein Stein trifft. Entlang der Straße ein schäumender, kaum zu bändigender Fluss, der Moshi, in der Ferne schon die ersten Gletscher.

Über dem Kara Kul-See endlich - mächtig, zerklüftet, wolkenverhangen - unser Ziel:

der Mustagh Ata -

Subash: Erstmals vor unseren Augen der Mustagh Ata ...

Wir können es kaum erwarten, die ersten Schritte in seinen Schnee zu setzen.

Vorerst aber noch eine letzte Nacht in Jurten, die Angst, dass wir es diesmal mit Läusen oder Flöhen zu tun bekommen, bleibt unbegründet. Ein letztes Mal für zwei Wochen essen wir uns im Restaurant am Ufer des Sees ordentlich satt (und rauben sogar die Tische appetitloser Gäste leer) und stoßen auf die kommenden Ereignisse an - mit kirgisischem Rotwein (picksüßes Zeug, ungenießbar).

Tag 6

Kara Kul-See (3750m) - Shubash - Basislager Mustagh Ata (4450m)

GZ: 3 Stunden

 

Lastenkamele tragen unser Gepäck ins Basislager ...

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Billard im Basislager

Billard im letzten Winkel der Welt ...

 

 

Unter uns die kirgisische Steppe ...

 

Über uns Lager 1 und Gletscherbruch ....

Die erste Etappe in Richtung L1

It's donkey time!

Nach rund 6 Tagen Anreise erreichen wir heute das Ziel unserer Träume: Den Fuß des Mustagh Ata. Zunächst per Bus zu einer kleinen Siedlung namens Shubash. Dort kommt es zu einem selten amüsanten Schauspiel, das uns allerdings fast zwei Stunden kostet: Die Beladung der Lastkamele mit unserem Expeditions-Equipment. Bei der Zuordnung der Lasten und dem Ausverhandeln der Transportkosten kommt es naturgemäß zu Streitigkeiten, diesmal jedoch zu so heftigen, dass eine Assistentin der VK-Agentur einen Nervenzusammenbruch erleidet und Ken, unser chinesischer Babysitter, die Feilscherei mit den Worten "It's donkey time!" aufgibt. Zeit der Esel ...

Mit den je mit 100 Kilogramm beladenen Tieren schlendern wir einen Trampelpfad durch eine karge Steppenlandschaft bergan. Ich habe den Fehler begangen, meine Bergschuhe zu Hause zu lassen und latsche mit Skischuhen durch die Wüste - it's Blasen time!

Nach drei Stunden erreichen wir das Basislager (4450m), das in einer Mulde zwischen Jambulak- und Taschal-Tumak-Gletscher liegt. Sergeij und Sascha, zwei russische Brüder und hervorragende Bergsteiger, weitgereist, studiert und trinkfest, empfangen uns äußerst freundlich und werden uns die nächsten zwei Wochen bekochen und bevatern.

Sascha, der russische Koch ....Sergeij, sein Bruder

Hilfsbereit weisen sie uns in große, notdürftig geflickte Zwei-Mann-Zelte ein, ein Sturm habe sie gestern entführt und zerfetzt, berichten sie uns.

Basislager: No good messages ...

Apropos Sturm: Die ersten Meldungen, die wir vom Berg empfangen, hören sich nicht gut an: Es habe in den letzten vier Wochen nur ein einziges 5-tägiges Schönwetterfenster gegeben, demzufolge sei nur wenigen der Gipfelgang gelungen, zudem gelte ein Chinese als vermisst, seit er zum letzten Mal in der Gipfelgegend gesichtet worden sei. No good messages ...

Das Basislager selbst sehr karg eingerichtet: Keine WCs, wohl aber sehr hübsche, große Steine mit schöner Aussicht; keine Duschen, aber frisches Fließwasser; ein Essenszelt für Kunden des Verkehrsbüros und ein Bach, der das Lager durchfließt - ach ja, einen Billardtisch gibt es, mit dem sich die Kirgisen vergnügen, und jede Menge Murmeltiere.

Der Grund für die miserable Organisation des Basislagers liegt darin, dass hier chinesische, russische, kirgisische und usbekische Gruppen auf engstem Raum zusammen leben, ein Eintopf von Kulturen und Volksgruppen, die sich noch nie schmecken konnten. Man verträgt sich, aber die Initiative ergreift niemand, erzählt uns Sergeij, wo doch aus dem Lager eine Goldgrube gemacht werden könnte mit Postkarten- und Spirituosenverkauf, mit Duschen gegen Entgeld, Gaskartuschen, Benzin, Satellitentelefon und und und. So lebt man eben nebeneinander her, zwischen den Lagern stinkende Müllhalden und feindseliger Argwohn.

Die Verpflegung ist für diese Verhältnisse ausgezeichnet. Saschas Eintöpfe (meistens Kartoffeln/Reis/Teigwaren/Yackfleisch) beginnen uns bald zu schmecken, die Suppen verdienen sowieso fünf Hauben. Um unsere Köche für uns zu erwärmen und ihre Künste noch mehr anzufachen, stecken wir ihnen schon anfangs ordentlich Trinkgeld zu. Prompt tauchen zum üblichen grünen Tee auch chinesisches Bier (ein grauenhaftes Gesöff - die Steirer baden dennoch darin), Wodka, russischer "Cognac", Schokoladecreme und frische Äpfel auf.

Gut sichtbar Lager 1 und der Gletscherbruch hoch über unseren Köpfen, unter uns die wüstenartige Steppenlandschaft - ein faszinierender, farbenprächtiger Gegensatz, der allerdings auch für das unberechenbare Mikroklima hier verantwortlich zeichnet.

So - wer die Anreise überlebt hat, muss gut in Form sein und kann optimistisch die Tour beginnen.

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