Auf der
Südost–Tangente herrscht noch wenig Verkehr und so erreiche ich
die Einfahrt in das Piestingtal nach 45 Minuten Fahrzeit. Durch die
Berglandschaft bei Pernitz ziehen tiefhängende Wolken und hüllen
die Bäume mit ihren Dunstschleiern ein. Die Sonne dringt mit ihren
Licht durch die Täler und wirft ihre Strahlen auf die grünen
Hänge. Keine Menschenseele ist auf den Straßen zu sehen.
Friedlich grasen die Tiere auf ihren Weiden, während ich aufmerksam
den Verlauf der Fahrbahn folge.
In Pernitz, dem Heimatort der Skirennläuferin Michaela Dorfmeister,
verlasse ich die B21 und biege rechts nach Unterberg ab. Manchmal
habe ich das Gefühl nicht auf dem richtigen Weg zu sein, die Strecke
zieht sich ein wenig. Doch mit einem Mal ist die Fahrt zu Ende und zu
meiner Rechten liegt das Kassahäuschen für den Skilift, der
Treffpunkt für unsere heutige Tour.
Einige
Autos stehen wie aufgefädelt am Parkplatz, völlig zugedeckt
vom Tau der vergangenen Nacht. Die Stille an diesen frühen Morgen
ist fast unheimlich, ich höre sogar die einzelnen Blätter
von den Bäumen fallen, die einige Meter entfernt stehen. Die Stille
wird nur von den verschiedenen Stimmen der Vögel durchbrochen,
kein Windhauch bewegt die Äste der Bäume. Diese Einsamkeit
und die Ruhe ist für mich, einen Wahl-Städter, keine Selbstverständlichkeit.
Ich lasse diese Impressionen auf mich einwirken, bis ein sich näherndes
Fahrzeug mich aus den Träumen reißt. Es ist mein Wanderpartner
Christian, der vor der ausgemachten Zeit erscheint. Wir warten, ob sich
doch noch jemand zu uns gesellen würde, aber der Abmarsch erfolgt
dann doch nur im Duett.
Ich fahre
mit Christian zum
Ausgangspunkt unserer Wanderung, mein Auto bleibt als Taxi zurück.
Der Weg beginnt sofort mit einem sehr steilen Aufstieg, von 595m geht
es rauf auf den Enziansteig. Der Weg ist gut und blau gekennzeichnet.
Wir queren den Pfad 404/206, den wir in südwestlicher Richtung
folgen. Auf 952m passieren wir das Bettelmann-Kreuz und halten
uns an die Markierung 231. Mittlerweile geht es wieder aufwärts,
doch die schöne Aussicht vom Kirchwaldberg auf 1067m belohnt
für die Mühe. Der Gipfel des Unterbergs liegt in so weiter
Ferne, dass ich glaube, wir würden eine Zweitagestour veranstalten.
Für einen Augenblick scheint meine Moral angeschlagen, doch ich
habe den Willen mein Ziel zu erreichen.
Ab nun
geht es wieder den Berg hinab auf 959m, die rote Markierung ist fast
nicht zu übersehen, wir folgen unbeirrt diesen Leitmalen durch
den Wald. Gelegentlich treffen wir auf Wanderer, die wir an diversen
Weggabelungen wieder aus den Blicken verlieren. Eine Straße, die
nur für Geländefahrzeuge tauglich ist, verschafft mir mit
seiner Steigung den nächsten Schub an Transpiration. Mit ein bisschen
Durchhaltevermögen überwinde ich auch diese Etappe. Christian,
ein sportbegeisterter Mensch, hat überhaupt keine Mühe den
Berg zu erklimmen.
Der
Wald lichtet sich etwas und wir stehen vor der Skipiste des Unterbergs,
die sich als letzte Strapaze für mich herausstellen sollte. Ich
setze Schritt auf Schritt, so als ob ich mich auf hochalpinem Terrain
bewegen würde ..., aber ich bin noch immer unterwegs auf den Unterberg.
Der Hang ist scheinbar endlos, ich setze noch immer einen Fuß
vor den anderen. Ich erspähe den letzten Anstieg zum Grat und frage
Christian vorsichtig, ob wir nun in Gipfelnähe seien, was er zu
meiner Zufriedenheit bestätigt. Dieser Umstand verleiht mir Flügel,
ganz ohne Red Bull.
Auf den letzten
Metern zum Gipfelkreuz bläst kühler Wind, die warme Sonne kompensiert
diesen Umstand allerdings. Es ist zehn Minuten nach 12.00, als wir am
Gipfel des Unterberges stehen Wir legen unsere Rucksäcke ab und lassen
die Blicke in die Ferne schweifen. Christian macht ein paar Fotos für
das Forum, dann brechen wir zum Abstieg auf. Wir
benötigten für den Aufstieg 3,5 Stunden, jetzt geht es steil
einen Hang aus Gras hinunter zum Unterberg Schutzhaus auf 1170m.
In wenigen Minuten sind wir unten angelangt und beschließen, uns
in die Gaststube zu setzen, obwohl auf der Terrasse noch ein Tisch frei
wäre. Die Hütte macht einen gemütlichen Eindruck, das Personal
ist freundlich, das Essen gut und die Preise stimmen auch.
Langsam füllt sich der Gastraum mit Wandersleuten, die hier ihre
„Akkus“ wieder aufladen wollen. Nach gemütlicher Rast beginnen wir
den Abstieg entlang einer Forststraße, die wir nach einer Viertelstunde
wieder verlassen und der roten Markierung nachgehen. In zügigem Tempo
geht es talwärts, nach einer Stunde passieren wir die Miralucke
auf 694m. Von dort sind es nur ein paar Minuten zu meinem Auto. Wir fahren
zum Einstieg zurück, wo Christian seinen Wagen abgestellt hat. Wir
verabschieden uns bis zur nächsten Tour, bei der wir uns mit Sicherheit
wieder treffen werden. Heute hat alles gepasst, das Wetter war ideal,
das Tempo stimmte, wir verstanden uns prima – eine stille, aber umso tiefer
empfundene Wanderung. |