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Abenteuer Dreidärrische Höhle
Wenn Schlümpfe durch Schlüfe schliefen
Dreidärrische Höhle
Mai 2009

Reportage/Bilder: Thomas Rambauske

Intro

Mit Kindern eine Höhle zu erkunden, bedeutet nicht nur, dass sie eine ganz andere Welt entdecken, sondern auch ein Abenteuer für alle Sinne. Vor allem dann, wenn sie durch Schlüfe schliefen.

Manche Helme wollen nicht auf die kleinen Köpfe passen, einige Stirnlampen versagen schon bei Tageslicht, und sich bei sommerlicher Schwüle Handschuhe, Wollmütze und Regenjacke überzuziehen, leuchtet auch nicht ein. Die Szenerie am Eingang der Dreidärrischen Höhle im Siebenbrunnental am Anninger wirkt skurril. Ein dutzendköpfiger aufgeregter Flohzirkus macht sich bereit, ein anderes Universum zu betreten, eine unbekannte Welt der absoluten Finsternis und Stille. Über zwei glitschige Baumstämme rutschen wir ins Innere des Anninger. Feuchtkalte, modrig riechende Luft umweht uns.

Eingang
Das Anfangskriterium, nämlich über zwei Baumstämme zu rutschen, erfordert erhöhte Konzentration, macht aber auch einen Heidenspaß.

Keine Spur mehr vom satten Grün des Frühlings, sondern gespenstisch grauer Fels und schwarze Löcher. Die Lichtkegel der Stirnlampen tanzen über glitzernde Steinwände, entlarven argwöhnische Gesichter, verlieren sich in dunklen Nischen. "Alles zu mir, niemand braucht Angst zu haben, denn wir bleiben eng beieinander und arbeiten uns langsam ins Innere der Höhle vor", beruhigt Rob Winkler die aufgebrachten Höhlengeister. Rob, der Leiter der Wiener Abenteuerschule, wird uns auf sehr behutsame, kindgerechte Weise durch die Unterwelt des Wienerwaldes führen und in dessen Geheimnisse einweihen.

Rob
Rob von der Abenteuerschule weiht uns auf sehr behutsame Weise in die Geheimnisse der Höhle ein.

"Hier, wo wir jetzt stehen, war vor vielen Millionen Jahren Meer, tiefes belebtes Meer!", setzt er uns in Erstaunen. "Ein Zusammenspiel von Wasser und Erdbewegungen haben die Dreidärrische Höhle gebildet, deren Name übrigens von drei tauben – 'därrischen' – Felsen in Menschgestalt herrührt. Mit 230 m Ganglänge ist sie die größte der Wienerwaldhöhlen und zugleich die unberührteste, weil sie rechtzeitig vor ihrer Erschließung gerettet wurde." Rob lenkt unsere Stirnlampen auf einen Kieferknochen, der über unseren Köpfen auf einem Felsvorsprung liegt. Von welchem Tier er wohl stamme, fragt er. Von einem Neandertaler!“ "Von einem Wolf!", "Von einem außerirdischen Marsaffen!" – widerhallendes Gelächter, das die letzten Angstreste löst. "Nein", schmunzelt Rob, "vom Kiefer einer Hirschkuh, den in letzten Winter ein Fuchs in die Höhle geschleppt hat. Die Höhle dient vielen Tieren als Unterschlupf und Zufluchtsort". KathiÜber glitschigen Felsboden tasten wir uns durch das verwirrende Labyrinth der Höhle, über steile Passagen hanteln wir uns an einem Seil weiter, durch manche Schlüfe müssen wir auf allen Vieren hindurchkriechen. Apropos "Schlüfe": Was wohl der Satz "Die Höhlenforscher schliefen mit ihrem Schlaz durch die Schlüfe!" bedeuten könnte, fragt Rob. Wüste Hypothesen rund um Körpersäfte und schlafende Schlümpfe füllen die Höhlengänge mit Phantasieergüssen. Rob klärt auf: Unter Höhlenforschern bedeutet "schliefen" sich robbend vorwärtszubewegen, "Schlaz" bezeichnet einen spezielle Höhlenanzug und "Schluf" eine Engstelle, die in der Regel nur auf dem Boden kriechend passiert werden kann.
Auch über Fledermäuse, die es hier zuhauf geben soll, hat Rob einiges zu erzählen. Dass sie etwa meist nachts unterwegs sind und sich mittels Ultraschall orientieren. Trifft dieser Ultraschall auf einen Gegenstand wie etwa ein Insekt, wird er als Echo zurückgeworfen – Alarmsignal für das Tier, dass der Tisch gedeckt ist. Immer wieder betont Rob, wie sensibel das Ökosystem Höhle sei, eine Störung durch Lärm oder ein Feuer kann hier vieles zerstören.
Weiter und tiefer hinein, durch manchen Schluf gekrabbelt, bis in die größte Halle der Höhle. Rob lenkt die Aufmerksamkeit auf die geologischen Kostbarkeiten ringsum: Tropfsteine, Bergmilch und Tropfstein-Popcorn, eine spezielle Kalkablagerung in Popcorn-Form. "Das ist cool", schwärmt Lorenz. Ob er die Temperatur oder die Coolness dieses außerirdischen Universums meint, ist unklar.

Staunen
Staunen über diese unbekannte, stille und dunkle Welt.

"Alles herhören – wir starten nun ein Experiment", verkündet Rob, „schalten wir unsere Lampen aus und versuchen wir, so lange wie möglich den Mund zu halten. Schaffen wir das länger als vier Minuten?" Die Lampen gehen aus, der ansonsten dauerquasselnde Flohzirkus fällt in Schweigen und schafft es tatsächlich, die fast unhörbaren Stimmen der Stille zu erlauschen:Heuschrecken fallende Wassertropfen und ihr leiser Widerhall. Wie schön das klingt und wie viel uns Tropfen zu erzählen haben. Fast andächtig ob der Besonderheit dieser anderen Welt tasten wir uns weiter vor bis zum Ausgang, wo uns zwei Höhlenheuschrecken verabschieden, ehe wir wieder unsere vogelzwitschernde, warme und nach Bärlauch duftende Frühlingswelt betreten. Nein, Höhlenbewohner wollen wir nicht sein, das steht fest. Aber vielleicht einmal Höhlenforscher, die mit einem Schlaz bekleidet durch Schlüfe schliefen – das wär' was!

Die Dreidärrische Höhle

Der Name könnte sich davon ableiten, dass sich im Wald oberhalb der Höhle drei Felsgebilde befinden, die naturgemäß nichts hören, also "därrisch" sind. Grabungen haben erwiesen, dass die Höhle schon zur Hallstattzeit genutzt wurde – vielleicht sogar als als Opferstätte für Erd- und Totenkulte.
Die gesamte Ganglänge beträgt etwa 210 m. Die Höhle besitzt einen natürlichen Eingang, von dem aus eine 2,5 m hohe Stufe ins Höhleninnere führt. 1925 beschloss der Gemeinderat von Mödling, die Höhle als Schauhöhle zu erschließen. Im Zuge dessen wurde ein 25 m langer, künstlicher Stollen als zweiter Eingang angelegt und die Höhle elektrisch beleuchtet. Bis 1939 wurde die Dreidärrische Höhle als Schauhöhle geführt. Im Zweiten Weltkrieg diente sie als Versteck. Heute steht die Höhle unter Schutz, beide Eingänge sind versperrt und werden nur für Führungen geöffnet. Die Höhe ist also nicht frei zugänglich.


Anninger:
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Infos:
Die Abenteuerschule bietet neben vielen anderen Natur-Erlebnissen für Jung und Alt auch ein sog. "Kleines Höhlenklettern" für Familien mit Kindern ab 7 Jahren an. Die Führung dauert ca. 90 Minuten und startet bei der Veiglhütte nach Gumpoldskirchen.
www.abenteuerschule.at
Ausrüstung:
Helm, Stirnlampe (mit neuen und frisch aufgeladenen Batterien), warme Kleidung, Mütze, ev. Handschuhe

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