Mit "Charly" Lukan (1923-2014) ist – nach seinem Lehrmeister Hans Schwanda und dem alpinen Dichtergenie Pauli Wertheimer – der letzte der "Drei Tenöre des Wiener Schmähs" dahingegangen, die den Wiener Alpinismus der Fünfziger- bis Siebzigerjahre entscheidend geprägt haben.
Die Wiener Bergsteigerlegende Karl Lukan starb am 13. Juni 1014 90-jährig in Wien. Der "Alpine Karl May" war Autor von 56 Büchern, Kletterer und Amaturarchäologe. Neben Hans Schwanda und Pauli Wertheimer verkörperte er einen allmählich aussterbenden Typus von Bergsteigern, die selbst bei anspruchsvollen Unternehmungen immer ein wenig über den Dingen zu stehen schienen. Lukan begann eine Verlagslehre beim Verlag Hölzl, überlebte als junger Soldat Rußlandfeldzug und Monte Cassino, wurde nach dem Krieg Redakteur der "Wiener Bühne", und war danach bis zu seinem beruflichen Ruhestand Buchhersteller. Der von Jugend an begeisterte Bergsteiger entwickelte sich im Lauf der Zeit zum profunden Alpenkenner, der in seiner Wiener Bergheimat inklusive Hochschwab, Gesäuse und Dachstein so ziemlich alle populären und dazu viele selten wiederholte Felswege kennenlernte. Von etlichen hochkarätigen sind ihm frühe Wiederholungen gelungen, dazu kommen große klassische Dolomitenrouten wie Civetta-NW-Wand, Gr. Zinne-Nordwand oder Agner-Kante, natürlich die berühmten Westalpen-Denkmäler wie Matterhorn, Weißhorn, Meije und Montblanc.
Ein Stück vom Himmel
Seine ab den Fünfzigerjahren erschienenen Erlebnisbücher wurden zu einem Markenzeichen und brachten damals eine frische Brise in die Alpinliteratur. Insgesamt sind von ihm sagenhafte sechsundfünfzig Bücher erschienen, anfänglich zu alpinistischen und alpinhistorischen, während der letzten Jahre überwiegend zu kulturhistorischen und heimatkundlichen Themen, welche er anregend lesbar zu präsentieren wusste. Sein letztes Bergbuch "Ein Stück vom Himmel – als das Klettern noch wild und gefährlich war" (2013) ist noch immer von der Lebensfreude und der Leichtigkeit seiner Erstlingswerke durchwebt – einer Einstellung, die sich zum gegenwärtigen, mit fast wissenschaftlichem Ernst betriebenen, auf sportliche Limits mit kommerziellem Nutzwert zugespitzten Hochleistungsalpinismus bereits wieder als wohltuender Kontrast erweist. Als seinen individuellen Gewinn aus dem Bergsteigen hat er einmal resümiert: "Das große Abenteuer – und viel, viel Freude". Dieser Freude entsprang auch sein stehender Ausspruch nach jeder Tour: "Klass war’s!". Karl Lukan hat mit seinen Büchern und Vorträgen sowie als Tourenführer im Rahmen der Bergsteigerschule des Österreichischen Gebirgsvereins zahllosen Menschen das Bergsteigen und dessen ideelle Möglichkeiten nahegebracht. Dass ihm für seine Verdienste das Goldene Ehrenzeichen der Republik verliehen wurde, hat er fast wie eine Peinlichkeit verborgen (vor allem hätte er ja in erster Linie den "Orden wider den tierischen Ernst" verdient). Ein Satz darf hier nicht fehlen, selbst wenn er schon ziemlich abgenützt wirkt: jener von der starken Frau, die hinter jedem erfolgreichen Mann steht, selbst wenn dies seiner Fritzi mit ihren 1 Meter 48 nicht gleich anzusehen ist. Sie hat die drei Söhne großgezogen, sie hat seine zahllosen handschriftlichen Manuskripte abgetippt, sie ist mittlerweile ebenfalls archäologische und heimatkundliche Expertin, und sie war vor allem – selber hochgradig bergsüchtig – eine gleichwertige Gefährtin auf unzähligen Bergtouren.
Danke, Charly!
Zuletzt ein persönliches Wort: In den rund fünfzig Jahren, die wir einander freundschaftlich verbunden waren, habe ich immer wieder die Freude gehabt, schöne Bergtouren mit euch zu erleben. Und wenn es mir einmal überhaupt nicht gut geht, da greife ich ins Bücherregal und steige dann mit dir und Fritzi, mit Schwanda, Zwickerl und Scarpietti auf einen Gipfel – und die Welt wird wieder irgendwie heller. Dafür: Danke, Charly – klass war‘s, alter Freund!