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15 Minuten - Richtiges Verhalten vor, bei und nach einem Lawinenunfall

Richtiges Verhalten vor/bei/nach einem Lawinenunglück

Wichtige Skitourenregeln | Lawinenarten | Was tun vor/bei/nach Lawinenabgang?

Verhalten vor/bei/nach Lawinenabgang___________

Erweiterte Sicherheitsausrüstung (neben LVS, Sonde und Lawinenschaufel):

  • Der Lawinenball auch Avalanche-Ball genannt, ist ein visuelles Ortungssystem das im Ernstfall jeden Kameraden automatisch zum Retter macht, unabhängig von seinem Können und seiner Ausrüstung. Das Ziel des Lawinenballs ist es, dass jeder jeden im Ernstfall sofort finden und retten kann.
    Bekanntlich überleben nahezu 90% der Verschütteten den Lawinenabgang und die ersten 15 Minuten. Obwohl Lawinenopfer durchschnittlich nur 70 cm tief verschüttet sind, werden sie meist zu spät gefunden. Aufgrund dieser Tatsachen wurde der Lawinenball entwickelt.
    LawinenballDas Ortungssystem besteht aus einem Ball, der an der Oberfläche der Lawine bleibt und über eine Verbindungsleine direkt zum Verschütteten führt. Der Ball erhält sein Auftriebsvolumen durch Federkraft und ist durch einfaches Zusammenlegen immer wieder verwendbar. Das System ist klein, leicht und preiswert und kann auf jedem beliebigen Rucksack angebracht werden. Durch Verfolgen der gespannten Verbindungsleine gelangen die Kameraden punktgenau zum Verschütten und können diesen sofort befreien. Aufgrund der visuellen Ortung ist es möglich Verschüttete ohne zeitaufwendiges Suchen blitzschnell zu finden.
    Die rein mechanische Vorrichtung lässt eine wiederholte Benutzung ohne Gaspatronen und Folgekosten zu. Auch eine prophylaktische Auslösung im Zweifelsfall mindert die Einsatzfähigkeit während einer Tour nicht. Zahlreiche Tests und die Praxis bestätigen die hohe Effizienz dieses Systems. Die tiefste Verschüttung mit Lawinenball liegt bei 80 cm. Die Bergezeiten (Tests und Praxis) liegen zwischen 2 und 5 Minuten!
    Größte Gefahr liegt im "Staubereich": Lawinenopfer werden in der Regel erst im Staubereich der Lawine durch nachfließende Schneemassen ganzverschüttet. Dort liegt die durchschnittliche Verschüttungstiefe bei lediglich 70 cm! Sobald sich jedoch der Kopf bzw. der Oberkörper im Schnee befinden, gilt die Person bereits als ganz verschüttet! Auch bei geringer Verschüttungstiefe besteht akute Erstickungsgefahr! Mit Hilfe zufällig sichtbare Teile, ABS-Airbag oder AVALANCHE BALL, können "sichtbar Ganzverschüttete" jedoch sofort geortet und ausgegraben werden.
    Fliessen im Staubereich etwas mehr LawinenballSchneemassen nach, kann es zu tieferen Verschüttungen kommen. Dabei besteht die Gefahr, dass zufällig sichtbare Teile und fix am Körper gebundenen Ballonsysteme (wie ABS-Airbag oder Snowpuls) mitverschüttet werden.
    Anders verhält sich hier der AVALANCHE BALL. Wie die Tests (Nordkette/Innsbruck und SLF/Davos) eindeutig zeigten, kann der Ball aufgrund seiner flexiblen Verbindung (6 m lange Leine) nachkommenden Schneemassen einfach entweichen. Im Vergleich zu fix am Körper gebundenen Ballonsystemen bleibt der AVALANCHE BALL dadurch am längsten an der Oberfläche sichtbar und führt selbst dann noch zielsicher und ohne zusätzliche LVS-Suche sofort zum Verschütteten.
    Noch mehr Infos unter www.lawinenball.com oder PDF >>>
  • Hat der Skifahrer oder Bergsteiger außerdem noch einen Lawinen-Airbag, können seine Überlebenschancen erheblich steigen. Bei den Lawinen-Airbags handelt es sich um ein bis zwei in einen Rucksack integrierte Kunststoffballons, die im Falle eines Lawinenabgangs durch Lawinen-AirbagZiehen einer Reißleine in wenigen Sekunden mit 150 Liter eines Stickstoff-Luftgemisches gefüllt werden.
    Zwei physikalische Phänomene sollen es möglich machen, dass der Träger eines solchen "Ballonrucksacks" während einer fließenden Lawine an der Oberfläche bleibt: Durch den Luftpolster wird die Dichte des Menschen, die viel höher als die des Schnees ist, soweit verringert, dass sie der Schneedichte ähnlich wird. Der Airbag macht den Skifahrer sozusagen zu einem "großen Granulatteilchen", das an die Oberfläche der Lawine gespült werden kann. Trotzdem ist der Lawinen-Airbag keine 100%-ige Lebensversicherung, gegen zu große Dichte des Schnees, Hindernisse, Abbrüche, Schneestaub etc. ist auch dieses "Wundermittel" machtlos.

Erfasste Personen:

  • Nur selten wird man es schaffen, einer Lawine durch Abfahrtsflucht zu entkommen (dazu müsste man sich vorher die Richtung überlegen, sofort die Bewegung des Hanges merken, selbst in Bewegung sein und gut skifahren können). Durch ein derartige intuitives Verhalten kann man sich unter Umständen noch mehr in Gefahr bringen. Bei einem Sturz auf solch einer Rettungsflucht besteht nämlich die Gefahr, dass man sich nicht mehr von Ski und Stöcken trennen kann. Da diese dann wie ein "Anker" wirken, können sie den Skifahrer in die Tiefe der Lawine ziehen. Außerdem wird wohl kaum Zeit bleiben, Avalung-Weste bzw. Lawinen-Airbag zu bedienen.
  • Alpenvereine und Lawinenwarndienste empfehlen Lawinenopfern, sich durch Schwimmbewegungen so lange wie möglich an der Oberfläche der Schneemannes zu halten und mit Hilfe der Hände einen Hohlraum vor Mund und Nase zu schaffen.
  • Wenn nicht schon vorher getan: Hände aus den Schlaufen der Stöcke, Fangriemen lösen (Stöcke und Ski ziehen wie Anker in der Lawine in der Tiefe und behindern das "Schwimmen" gegen den Sog der Lawine), Rucksack-Bauchgurt öffnen, wenn möglich Stöcke, Ski und Rucksack abwerfen ...
  • Wer eine Avalung-Weste trägt, muss jetzt das Mundstück zwischen die Zähne nehmen und dort auch halten. In eine Avalung-Weste ist eine Art mechanische Atemhöhle eingebaut, die es dem Verschütteten erlaubt, Luft direkt aus dem Schnee zu atmen. Auch hier gilt wie beim Lawinen-Airbag - die Avalung-Weste erhöht die Chance, lebend aus einer Lawine herauszukommen, aber sie garantiert diese Chance nicht.
  • Versuche, zumindest die Ski gerade zu halten und mit der Lawine mitzufahren.
  • Wenn du stürzst, kämpfe gegen die Lawine! Wehre dich gegen das Hinuntergezogenwerden! Gegen den Schnee treten und mit den Armen kraulartig hochdrücken.
  • Wenn du merkst, dass die Lawine langsamer wird, Hockstellung einnehmen, Arme vor Brust und Gesicht kreuzen, das Gesicht mit den Händen bedecken. Nur so kannst du dir eine Atemhöhle schaffen!
  • Wenn alle diese Maßnahmen und Hilfsmittel versagt haben und das Lawinenopfer vollkommen von den Schneemassen verschüttet ist, läuft die Zeit: Bei der Suche zählt nun jede Minute. 15 Minuten bleiben dann meist noch ...

Einige Faktoren müssen zusammenwirken, um zu überleben:

  • Du hast keine lebensgefährlichen Verletzungen davongetragen
  • Es existiert eine Atemhöhle (Hände vor das Gesicht, was nur ohne Stockschlaufen möglich ist)
  • Die Helfer müssen rasch und organisiert handeln und in den Rettungsmaßnahmen geübt sein
  • Funktionierende Verschütteten-Suchgeräte, Schaufeln und Sonden sind Voraussetzung für eine erfolgreiche Suche
  • Schreien, wenn die Retter über dir sind!

Rettung durch nicht erfasste Personen:

  • Verschütteten-SucheNur mit sofortiger Kameradenbergung, die innerhalb weniger Minuten erfolgreich sein muss, können die Chancen des Verschütteten vergrößert werden! Das Beherrschen der Kameradenhilfe kann Leben retten. Sich ausschließlich auf professionelle Bergrettung verlassen, kann in Anbetracht des minimalen Zeitfaktors ins Auge gehen.
  • Die nicht von der Lawine erfassten Personen beobachten den Erfassten während des Lawinenabganges.
  • Anhand ihrer Beobachtungen bestimmen sie den ungefähren Lagepunkt des Opfers und den primären Suchbereich. Die Lawine wird mit Augen und Ohren auf Körper- und Ausrüstungsteile abgesucht, Erfassungspunkt und Verschwindepunkt werden mit verschiedenen Dingen markiert.
  • Bei der Suche: Denke an Nachlawinen und überlege dir einen Fluchtweg!
  • Organisation der Kameradenrettung (Disziplin und Ruhe!):
    • Der Bergführer oder Erfahrenste erteilt die Kommandos und organisiert den Suchvorgang nach folgenden Fragestellungen:
    • Wieviele wurden verschüttet?
    • Wieviele wurden nicht verschüttet?
    • Ausmaß und Art der Lawine?
    • Wie kann die Unfallmeldung erstattet werden (Handy? Melder?)
    • Eigentliche Organisation der Suche.
  • Beginn der Grobsuche mittels Verschütteten-Suchgerät (LVS), danach Feinsuche und Punktortung: Gerät auf Verschütteten-SucheEmpfang schalten, die größte Reichweite einstellen, waagrecht schwenken und dem lautesten Ton nachgehen! Nach dem Empfang der ersten Signale mit der Feinsuche beginnen. Der Umgang mit dem VS-Gerät ist ein eigenes, sehr umfangreiches Thema und sollte in der Praxis immer wieder geübt werden. Bei der Suche nach Verschütteten kommt es auf jede Sekunde an. Eine perfekte Beherrschung der Suche mittels VS-Geräten, aber auch die Vorgehensweise der Suchmannschaft muss daher "wie im Schlaf" funktionieren. Nur wer immer wieder mit dem VS-Gerät übt, wird schnell und sicher suchen können.
  • Falls dennoch keine VS-Geräte bei der Hand sind und eine Ortung keinen Erfolg bringt, sofort eine Unfallmeldung absetzen (Wichtige Telefonnummern >>>)! Erfassungspunkt und Verschwindepunkt mit Skistöcken oder Bekleidung markieren. Systematische Kameradensuche mittels Sonden fortsetzen. Augenzeugen bleiben bei der Unglücksstelle, bis die Bergrettung eingetroffen ist.

Ausgraben von Lawinenverschütteten

  • Nach Möglichkeit nicht von oben, sondern von der Seite graben
  • Wird der Verschüttete erreicht, vorsichtig mit den Händen den Kopf freilegen
  • Atemhöhle nicht zerstören, Gesicht vor nachrutschendem Schnee schützen
  • Atemwege von Schnee, Eis und Schmelzwasser freilegen
  • Überprüfung der Vitalfunktionen (Atmung, Bewusstsein, Puls)
  • Entsprechende Erste-Hilfe-Maßnahmen einleiten

Maßnahmen nach dem Ausgraben

  • Den Verunfallten nach dem Ausgraben vor weiterer Auskühlung schützen (Wärmepackung anlegen!), da der Körper in der Lawine um etwa 3° und außerhalb um etwa 6°/Stunde abkühlt.
  • Unterkühlte Personen nicht aktiv bewegen lassen, da kaltes Schalenblut sich mit dem wärmeren Kernblut vermischen würde, was unter Umständen zum sog. "Bergungstod" (Herz-Kreislauf-Stillstand) führen kann.
  • Ständiges Überprüfen der Vitalfunktionen mit entsprechenden Maßnahmen der Ersten Hilfe.
  • Schneller Abtransport in die nächstgelegene Hütte, ins Tal bzw. ins Krankenhaus
Hinweis: Dieses Special ersetzt keineswegs einen Lawinenkurs, wo das richtige Verhalten on tour, der Umgang mit dem LVS-Gerät, die Kameradenrettung, Erste Hilfe etc. geübt wird. Die Alpenvereine, deren Sektionen und jede Bergsteigerschule bieten Seminare, Vorträge und Praxiskurse an, die am besten jährlich besucht werden, um Kenntnisse aufzufrischen bzw. dem aktuellen Stand der Technik und Forschung anzupassen.

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