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Grönland
3.700 m, 14.3. - 7.4. 2004


Grönland

Grönland (Kalatdlit Nunât - Land der Menschen), die größte Insel der Erde, hat eine Fläche von 2,176 Mio. km², von denen 85% mit Eis bedeckt sind. Das Landesinnere besteht aus einer Eisschicht, die sich von Nord nach Süd über 2500 km und von Ost nach West über 1000 km erstreckt und teilweise bis zu 3 km dick sein kann. Die ältesten Eisschichten sind ca. zwei Mio. Jahre alt.
Die Städte und Dörfer liegen an der eisfreien Küste. Die 56.000 Einwohner sind Grönländer und Inuit (Eskimos). In der Hauptstadt Godtháb (Nuuk - Landzunge) leben 11.000 Menschen.
Seit dem 1. Mai 1979 hat Grönland die innere Autonomie mit einem Parlament aus 27 Abgeordneten.

Der höchste Berg Grönlands als auch nördlich des Polarkreises ist der 3.733 m hohe Gunnbjørn Fjeld im Osten der Insel. Polarnächte, Mitternachtssonne, Nordlichter, extreme Kälte, Stürme, Eis, aber auch Landschaften, wie man sie nur in diesem Land zu sehen bekommt, gehören zu den Ingredienzien einer Grönlandreise.

Ein Expeditionsbericht von Dagmar Wabnig

2004 war es soweit. Wir, eine Gruppe aus UK, ein Schweizer und ich als einzige Österreicherin, wollten es wagen - den höchsten Berg der Arktis, den 3.733 m hohen Gunnbjørn Fjeld im Winter zu besteigen.

Ankunft in Island
Ankunft in Island

Schon am Beginn mussten erste Hindernisse überwunden werden: Geplant war der Abflug am 28. Februar - doch die Grönländische Polizei wollte uns nicht einreisen lassen, weil es zu gefährlich sei. Erst nach langen Verhandlungen durften wir schließlich am 14. März fliegen.

In Island kam es zum nächsten Problem. Das Wetter war zu schlecht, um weiterfliegen zu können. Warten in Isafjordur. Jeden Tag verfolgten wir gespannt die Wettervorhersage, bis es dann endlich nach drei Tagen so weit war. Mit einer kleinen Twin Otter flogen wir an den Fuß des höchsten Berges in den Watkins Mountains.

Watkins Mountains
Watkins Mountains

Beeindruckend ragten die Gipfel aus dem ewigen Eis. Schließlich landeten wir am Gletscher und bauten unser Basecamp auf. Die Sonne schien, es hatte "warme" -25° Celsius.

Am nächsten Tag morgens stiegen wir gleich über den Gletscher auf. Ich spurte 5 Stunden durch Bruchharsch, bis wir in 3.000 m die Ausrüstung deponierten.
Am Morgen des nächsten Tages brachen wir erneut in Richtung Gipfel auf. Nach drei Stunden erreichten wir unser Depot. Es war jedoch so kalt, dass wir es nicht wagten, selbst für wenige Augenblicke die Handschuhe auszuziehen. Danach ging es über einen weiten Rücken auf einen Grat. Diesen erreichten wir um 14.30 Uhr. Minus -35° C, ein starker Sturm und der Windchill-Effekt (Erklärung siehe Kasten unten) verringerten die Temperatur sogar auf etwa -85°! Unmöglich weiter zu gehen. Wir hätten noch 200 Hm zu bewältigen über eine zuerst ca. 30° steile Flanke, dann ein Blankeisstück von etwa 20 m, das von unten aussah, als hätte es eine Neigung von 50°. Danach würde der Gipfelhang kommen, der völlig von windgepresstem Schnee bedeckt war. Ob dieser Schnee halten würde oder ob der ganze Hang samt Vorsteiger abfahren würde, war nicht ganz klar. Wir deponierten Steigeisen, Pickel, Seile, Sicherungsmaterial an diesem Felsrücken - wo sie bis heute noch immer liegen.

Der Gunnbjörn Fjeld
Der Gunnbjørn Fjeld, höchster Berg Grönlands, 3.733 m

Was danach kam, lässt sich so beschreiben: Schneesturm, Kälte bis -45°, Whiteout (Erklärung siehe Kasten unten). Die Zelte waren fast zur Gänze unter Schnee begraben, der Gang auf die Toilette eine heroische Tat!
Morgens musste man zuerst den Raureif abputzen, dann Schnee schmelzen, schließlich warten. Irgendwann am Nachmittag gab es eine Jause und abends Fertignahrung aus der Alupackung. Die Zeit vertrieb man sich mit Lesen oder Schachspielen. Wenn der Sturm etwas nachließ, musste man das Zelt ausschaufeln. Wenn man Glück hatte, konnte man eine kurze Runde mit Ski gehen - aber nie ohne GPS, da man in der Nebelsuppe nie mehr zurück fände.

eingeschneite ZelteZelte ausschaufeln

Wenn einmal die Sonne durch den Nebel schien, fasste man Hoffnung - doch vergebens - die sun dogs - Doppelsonnen (Erklärung siehe Kasten unten) - verhießen nichts Gutes ...

Sundogs
Sundogs

Und tatsächlich. In der Nacht baute sich neuerlich ein Schneesturm auf. Da tröstete es einen auch nicht, dass wir einmal das Glück hatten ein ganz tolles Nordlicht zu sehen. Wie ein Sternenvorhang fielen die Leuchtpunkte herab und riesige Walzen bewegten sich über den ganzen Himmel.

Sturm am Cone
Sturm am Cone, dem zweithöchsten Berg Grönlands

Das statische, monotone Liegen im Zelt wurde bald so unerträglich, dass jeder nur mehr nach Hause wollte. Doch keine Hoffnung. Eine Twin Otter braucht Sichtflugverhältnisse. Der geplante Abflugtag verstrich - keine Hoffnung, wir saßen fest. Mittels Satellitentelefon wurde die Familie benachrichtigt, dass man im Schneesturm festsitze. Der Rückflug verfiel, das Essen ging zur Neige. Wir hatten noch Benzin für eine Woche und zum Essen Porridge und Schokolade, die wir vorher eher verschmäht hatten.

Twin Otter
Endlich die Twin Otter!

Endlich! Fünf Tage später lichtete sich die Nebelwand und die Twin Otter konnte von Akureye kommen. Erleichtert packten wir zusammen und legten mit den übrig gebliebenen Sachen noch ein Depot für die nächsten Expeditionen an.

Beim Heimflug zeigt sich Grönland von der schönsten Seite. Doch zu spät.
Wir haben zwar einen Winterhöhenrekord aufgestellt - noch nie wurde eine Höhe von 3.500 m im Winter in der Arktis oder Antarktis erreicht - doch der Gipfel blieb uns versagt und das Material liegt immer noch auf diesem Felsrücken.
Wir waren nur froh, mit leichten Erfrierungen an den Finger und Zehen sowie im Gesicht davonzukommen und sicher in die Zivilisation zurückzukehren.


Lexikon

WhiteoutWhite-Out: Mit dem englischen Begriff White-Out bezeichnet man in der Meteorologie die extreme Helligkeit, die bei dünner Bewölkung und einer Neuschneeauflage (z.B. im Hochgebirge oder auch in den Polregionen) zu beobachten ist. Die Ursache für die extreme Helligkeit liegt in der starken diffusen Reflexion des Sonnenlichts an den Schneekristallen und der Bewölkung. Der Begriff White-Out bezieht sich dabei speziell darauf, dass durch die extreme diffuse Reflexion jegliche Konturen der Landschaft verloren gehen können, was eine völlige Orientierungslosigkeit zur Folge haben kann.

Windchill-Effekt: Der Wind kühlt in zugiger Umgebung den Körper aus. Man beginnt zu frieren und fühlt sich zunehmend unwohl. Die Kombination aus Wind und Kälte führt dazu, dass der Körper die Außentemperatur noch deutlich kälter empfindet. Bei leichtem Wind (etwa 30 km/h) wird eine Umgebungstemperatur von +10°C als etwa +1°C empfunden.

Sun dogs: Sun dogs, auch "mock suns" (= falsche Sonne) genannt, sind farbige Lichtspots, die durch die Brechung des Lichtes in den Eiskristallen der Atmosphäre verursacht werden.


Veranstalter:

Tangent Expedition, UK; 9 Teilnehmer, je ein Teilnehmer aus der Schweiz, Australien, Österreich, Rest aus UK Expeditionsleiter, Paul Walker

Karte: http://www.tangent-expeditions.co.uk/images/maps/greenland2.gif

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2003, Eigenverlag Dagmar Wabnig, ISBN 3-00-012624-4, 163 Seiten