Der Abend nach der Rückkehr vom Gipfel in Lager 1 gestaltet sich
zum schönsten Moment der ganzen Expedition. Der Himmel klart
auf, als auch die drei Steirer erfolgreich vom Gipfel zurückkehren.
Wir versammeln uns um Huberts Zelt, sitzen beieinander, während
die Sonne untergeht über dem Pamir. Eine selten feierliche, ja
glückliche Stimmung in uns. Wir sind heil vom Berg herunter, haben
unser Ziel erreicht, durften Traumhaftes erleben und Geträumtes
verwirklichen. So kochen wir uns ein Festessen, Hubert serviert geräuchertes
Büffelfleisch(!), Salami und Schokoladenschnitten - steirischer
Schnaps macht die Runde wie auch die eine oder andere Geschichte, die
wir uns vom Berg zu erzählen haben. Ein Abend, dessentwegen man
die Mühen einer Expedition gerne auf sich nimmt und der alle Investitionen
und Risiken so einer Unternehmung rechtfertigt.
Diese
goldene Nacht hoch über dem Pamir hat sich für immer in meine
Erinnerung eingegraben. Der Himmel färbt sich gelb, orange, schließlich
purpurrot, und wir bleiben und feiern, bis die Sonne endgültig
verschwunden ist.
10.
Tag
Lager1 (5400m) - Basislager
Abstieg:
1 1/4 Stunden
Timbuktu
und kubanische Zigarren ...
Um
10 Uhr kriechen wir aus den Schlafsäcken, ich koche mir zum ersten
Mal seit 8 Tagen Kaffee - Kaffee! - zünde mir die erste Zigarette
nach 3 Tagen an, fühle mich wie neu geboren nach der gestrigen
Feierstunde. Wir packen unsere Zelte zusammen, zum Glück steht
eine Herde Maultiere bereit, um einen Teil unseres 40-Kilo-Gepäcks
ins Base zu tragen.
Der
Empfang durch Sascha und Sergeij ist von Herzlichkeit, aber auch Staunen
geprägt, wir hätten beinahe einen Geschwindigkeitsrekord
aufgestellt, meinen sie. Die Suppe, die sie uns servieren, hat selten
so gut geschmeckt. Am Abend wartet noch eine zünftige Party auf uns
- Sascha wartet mit einer Schokoladentorte auf, Hannes verteilt kubanische
Zigarren, Sergeij russischen Wodka und Otto Witze. Ottos Witze! Legendär!
Einen davon, den legendärsten aller seiner Witze, muss ich
hier erzählen:
Bei
einem Redewettbewerb in Brisbane gelangen ein Rabbi und ein Landstreicher
ins Finale. Sie haben nun die Aufgabe, um ein von der Jury genanntes
Wort einen Vierzeiler zu dichten. Der Begriff heißt "Timbuktu"
und der Rabbi ist als erster an der Reihe:
I
am allways Rabbi in my life,
had
no children and no wife,
I
have my bible just for you,
in Brisbane, Kent and Timbuktu.
Das
Publikum rast vor Begeisterung, der Rabbi ist sich seines Sieges sicher.
Jetzt der Landstreicher:
When
Tim and me to Brisbane went,
we
met three ladies in a tent.
Because
they were three and we were two,
I
booked one and Tim booked two.
11.
- 16. Tag
Basislager
Gefangen
im Basislager
Gefangen
im Basislager, lauten die Tourenbuch-Eintragungen für die nächsten
sieben Tage. Da es keine Möglichkeit gibt, früher abzureisen
- ein Unwetter hat die Straße auf den Tourugartpass zerstört
und die chinesische Grenzstation überschwemmt - sind wir gleichsam
ans Basislager gefesselt. Der Preis für unsere Schnelligkeit.
Wir
versuchen, das Beste daraus zu machen, schlafen uns aus, erholen uns,
bauen unsere völlig ausgepumpten Körper wieder auf und unternehmen
kleine Wanderungen zu nahe gelegenen Kirgisen- und Murmeltier-Siedlungen.
Im Nachhinein gesehen eine gute Zeit zum Nachdenken, Meditieren, Neuordnen
...
Rückfahrt
Basislager
> Tourugartpass > Kashgar > Naryn >
Cholpon Ata (Issyk Kul-See) > Bishkek > Almaty >
Frankfurt/Main > Wien
Die
Rückfahrt gestaltet sich wie die Hinreise.
In
Kashgar noch ein Besuch des berühmten Sonntagsmarktes (siehe
Anreise) und eine
"Party", die uns die Verbindungsagentur zum Abschied beschert
(endlich gutes chinesisches Essen!).
Der
Grenzübertritt an der chinesisch-kirgisischen Grenze gestaltet
sich gewohnt langwierig, die Beamten begegnen uns voller Argwohn und
Misstrauen - wir sind froh, China verlassen zu können, fühlt
man sich dort selbst als Tourist wie ein Gefangener. Aber wir sehen
Tachmina, oh Tachmiiiiina wieder!
Am
Issyk Kul-See (Cholpon Ata) verbringen wir fünf Tage, sodass
aus dem Bergurlaub doch noch ein Strandurlaub wird.
Schlussbemerkung
Das
Erlebnis einer Mustagh Ata-Besteigung rechtfertigt die Mühen der
langen An- und Rückreise bei weitem, außerdem lernt man drei
Länder zumindest von ihrer Landschaft her kennen - Kasachstan,
Kirgistan, China. Der kürzere Weg über Pakistan
und Karakorum-Highway ist zwar landschaftlich beeindruckender,
aber aus politischen Gründen (Stand 2002) zu unsicher. Sightseeing,
Kultur und die Begegnung mit den Einheimischen kommen bei einer Expedition
naturgemäß leider zu kurz, schließlich steht der Berg
im Mittelpunkt.
Die
Expedition auf den Mustagh Ata hat mich folgende Dinge gelehrt:
Auf
den hohen Bergen ist die (Ski-)Abfahrt nicht das Wichtigste.
Je
höher die Geschwindigkeit, desto höher das Risiko zu scheitern.
Flüssigkeitsaufnahme geht über Nahrungsaufnahme.
Die
wahren Esel sind die lückenhaften ...
Verknall'
dich nie in eine Kirgisin!
Thomas
(Bildmitte mit roter Kappe)
Solltest
du selbst den Mustagh Ata besteigen wollen, wünsche ich dir alles
Gute! Komm' gesund zurück