Tag 1: Gemeindealpe – Ötscher Schutzhaus – Kleiner Ötscher
Gemeindealpe (Terzer Haus, 1626 m) – Eiserner Herrgott – Felswiesalm – Riffelsattel (1284 m) – Ötscher Schutzhaus (1416 m)
(Kleiner Ötscher, 1552 m, 1 St., 300 Hm)
HU  ca.
200 m, GZ 3 ½ - 4 Stunden

Enziane säumen den Weg von der Gemeindealpe


Die Felswiesalm – ein typisch Mariazeller G'länd



Das Ötscherschutzhaus strahlt rundum Gemütlichkeit aus ...

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Weil sich einen steilen Pistenhatscher ersparen will, fährt mit dem Sessellift hoch zum Terzerhaus, der Trutzburg hoch über dem Erlaufsee und Mariazell. Beim Anblick dessen, was sich da oben tummelt, merkt man auf Anhieb, dass sich die Gemeindealpe zum Familienberg par excellance entwickelt hat: Oma & Opa, Kind & Kegel – es ist ein buntes Völkchen, dass sich hier ein Stelldichein gibt. "Mit dem Lift hoch, oben einen Kaffee oder eine Gulaschsuppe, dann auf den Gipfel, schließlich per Lift oder Fuß zur Mittelstation und mit dem Roller bergab gerast, darin besteht der Reiz der Gemeindealpe", erklärt mir Karl, einer der beiden hauptberuftlichen Wirtsleut' hier auf der Terrasse mit dem laut ihm "schönsten Panoramablick des gesamten Mariazeller Landes": Er hat recht, unter uns der Erlaufsee, ganz nahe der Ötscher, weiter weg Rax und Hochschwab. Der Betrieb der Hütte ist familiär: Karl und Tom, beide g'standene Familienväter, schupfen mit ihren Müttern und einem Vater seit 5 Jahren den Laden: "Toms Mutter ist die 'Mehlspeisköchin', jene von Karl die Hauptspeisenköchin", gesteht mir Karl mit verschmitztem Lächeln. Gleich gekostet und für ausgezeichnet empfunden die Schnitzeln und Apfelstrudel, alles wohlgemerkt mittels Holzofen zubereitet. Ja, hier lässt's sich's leben zwischen Ötscher und den Zeller Hüten. Die schönsten Stunden hier seien die nach der letzten Lift-Talfahrt, schwärmt Karl, wenn sie alle mit einem Glaserl draußen sitzen und der Sonne untergehen sehen. Dann, ja dann wäre es eine Befriedigung, hier oben Wirt zu sein.
Über Kehren geht es nun den Gipfelaufbau hinab bis zum Eisernen Herrgott mit seiner Hütte. Der Duft verbrannten Holzes umweht uns. Wenn wir nicht schon satt wären, würden wir hier glatt nochmals einkehren.

So aber weiter hinab bis zur Abzweigung "Ötschergräben, Ötscher Schutzhaus". Der Marsch über die weite Feldwiesalm hat etwas typisch Mariazellerhaftes: kalksteindurchsetzte Almwiesen, kleine Wäldchen, tolle Panoramablicke. Weit in der Ferne lugt der Ötscher zu uns herüber. Eine Forststraße führt über den Molterboden und um den Mittereck Kogel herum, ehe mit dem Waldsteig hoch zum Riffelsattel eine weitere Rarität der Tour begangen wird: Schmal, manchmal steil, von Kyrills Spuren verbaut, wenn nicht versaut, sodass über Stämme und Äste geklettert werden muss, ein kleiner Urwald bis zur Baumgrenze und der Kerbe zwischen Kl. und Gr. Ötscher zu.
Nach gut 3 Stunden hat man den Riffelsattel erreicht, eine 3/4 Stunde noch zum Ötscherschutzhaus, heißt es dort auf einer Tafel – etwas übertrieben, über die Piste schaffen wir es in 20 Minuten. Was man hier zuerst zu sehen bekommt: In Liegestühlen vor sich hindösende Gäste und eine Tafel mit der Aufschrift "Hunger stillen, Durscht löschen, gmüatlich zaumsitzen, bärig schlafen im Schutzhaus". Müßiggang, Relaxen, Seele und Geist baumeln lassen sind auch Gesetz und Programm hier oben. "Wer hier hinaufkommt, soll sich entspannen. Wer will, bekommt eine Hängematte von mir oder einen Liegestuhl, und ich suche ihm ein schönes, ruhiges Platzl, wo er ausrasten kann", so der Heli, der Hüttenwirt. "Z'haus am Berg", nennt er sein Programm, wer hierher kommt, soll länger bleiben, sich mit Wanderungen auf die Ötscher-Gipfel, die Tormäuer oder in eine der Ötscherhöhlen bewusst entspannen, sich Zeit schenken und neue Energie für den Alltag sammeln. Der begeisterte Heli hat aber noch andere Ideen: An den Wänden des Gastraums eine beeindruckende Fotoausstellung über das Ötscherhöhlensystem – bis über 400 Meter reicht dieses in die Erde! Das größte Höhlensystem Niederösterreichs befindet sich unter unseren Füßen. Zwischen den Höhlenbildern auch eine uralte Karte, die bei Heli einen Damm der Begeisterung brechen lässt. Schnell liegen jede Menge Karten und Fotos vor mir und Heli schwärmt vom "Südwand-" und "Nordwand-Steig" – allesamt Traumpfade, die es einmal gab, dann vergessen wurden und auf ihre Wiederherstellung warten. Um die breite Brust des Ötscher herum könne etwa ein herrlicher Rundweg eingerichtet werden, der an sich nicht leichte "Rauhe Kamm" (I+) problemlos umgangen werden, auch weniger gewandte Wanderer hätten es dann leichter, dem "Vaterberg" auf den Leib zu rücken. Er hat recht. "Superwege sind auch die Pfade von Lackenhof über den Ötscherboden und vom Riffelsattel auf den kleinen Bruder des Ötscher; niemand versteht's, dass beide Wege nicht mehr auf den neuesten Karten eingezeichnet sind. Viel Potenzial, das hier nicht ausgeschöpft wird!", klagt Heli.

Heli und seine Frau stecken mit ihrer guten Laune an ...
Das will ich prüfen und statte noch schnell vor Sonnenuntergang dem Kleinen Ötscher einen Besuch ab. Hinab zum Riffelsattel und durch lauschige Latschengassen etwa 300 Hm bergan, wirklich eine schöne Tour! In einer Stunde ist ein Traumgipfel erreicht, wenn dazu noch die untergehende Sonne den großen Bruder in orange-gelbes Licht tunkt, ist das an Bergfeeling kaum zu toppen.
Zurück zur Hütte klingen mir von weitem schon Akkordeonklänge entgegen, es ist Heli selbst, der den Gästen mit der "Steirischen Ziach" aufspielt. Wer will, kann es bei ihm auch lernen. Zusammen mit der Küchenkunst von Angi, der Wirtsfrau, ergibt das eine Hüttenstimmung, die an Gemütlichkeit, Wohlbefinden und Atmosphäre kaum zu überbieten ist. Ja, im Ötscher Schutzhaus fühlt man sich wirklich "z'Haus" und rundum erholt, wenn man wieder aufbricht. |