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Wer frühzeitig kommt ...
Die Geheimnisse des Gaiskamms

Gaiskamm

Wanderung, Piestingtal, Jänner 2011; Text/Bilder: © Thomas Rambauske

An anderer Stelle haben wir bereits ausreichend vom Gaisstein, dem stillen, beschaulichen und felsigen "Matterhorn der Voralpen", geschwärmt. In einer frühlingshaften Winterpause sei der Weg fortgesetzt am "Gaiskamm" über den Gaisruck bis zum Kieneck und zurück durch den Staffgraben. Dass dabei wieder lobgesungen und nach Schätzen gesucht wird, versteht sich von selbst, dass wir dabei aber auch den Schöpfl (!) überschreiten, sollte ortskundige Wanderer doch wundern ...

Der Weg

Es ist Frühling mitten im Winter, Väterchen Frost istKapellekurz ausgegangen und überlässt der Sonne das Revier. Ich nütze die schneefreien Tage, um nach "meinem" Gaisstein zu sehen. Ob er eh noch steht, wie es den "Stoabeck" ergeht und ob dort oben nicht auch ein Geo-Schatz zu finden sei. Natürlich könnte man im Zuge der Begehung des "Gaiskammes" den rund eine halbe Stunde abseits liegenden Gaisstein auch auslassen, raten würde ich es nicht, man würde wohl die Hälfte der Reize dieser Tour versäumen.

Den Weg von Furth an der Triesting über das Gehöft Amöd, die Gaissteiner Alm bis zum Gipfel des Gaissteins auf 974 m (1 ¼ Stunden) haben wir bereits andererorts ausreichend beschrieben. Und auch bei meinem heutigen Besuch bin ich zum Glück nicht alleine! Den Steinböcke (oder "Stoabeck'", wie sie die Einheimischen nennen) grasen seelenruhig dort oben und lassen sich von mir nicht im Geringsten stören – schließlich kennen wir uns ja schon lange. Wie immer bleibe ich lange auf der Gipfelbank unter dem kleinen Kreuz sitzen, lasse den Blick über die Wiener Hausberge, aber auch in die Nähe über die kleine Steinbock-Herde schweifen. Es ist und bleibt ein Gaissteinselten friedliches Platzl hier oben, an das schon viele ihr Herz verloren haben, wie das Gipfelbuch verrät. Aber noch zwei weitere Geheimnisse verbergen sich am Gaisstein noch: Ein wahrhaft berauschendes liegt in der Gipfelbank. Hebt man da nämlich den Deckel von der Truhe, werden etliche Schnapsflaschen nebst Stamperln sichtbar. Dem zweiten Geheimnis müssen wir mit GPS und Gefühl auf die Spur kommen. Schnell finden wir zwischen ein paar größeren Steinen eine mittelgroße Dose mit allerlei Krimskrams und dem Logbuch darin. Ein feiner Natur-Schatz, wie man ihn als Bergmensch besonders mag. Es war schon lange kein Schatzsucher hier, ich bin der erste des Jahres, der sich einloggt und die Dose wieder feinsäuberlich versteckt.

Ein zweiter Schatz wartet etwa 1,7 km weiter weg. Am Gaisruck nämlich, zu dem wir uns nun aufmachen. Zunächst wieder ein Stück zurück, bis wir auf die rot markierte Forststraße treffen, gleich aber vom Gaisstein her gesehen nach rechts in den Wald hinab abzweigen. Von nun an lassen wir die Markierung nicht mehr aus den Augen. Können wir auch nicht, manche Stellen, wie eine Lichtung etwa,Primeln sind so vollgepinselt, dass man sich gar nicht verirren kann! Kaum ein Baum, kaum ein Stein, der nicht mit einem Farbanstrich versehen wäre! Nun aber urig zwischen Steinen und einzelnen Föhren hoch. Verwundert bemerken wir, dass sich schon – sieh an, sieh an! – Primeln und Schneerosen aus dem Erdreich gestreckt haben – und das Mitter Jänner. Diese Voreiligen! Frühzeitig gekommen, würde ich sagen, sie werden wohl ihr blaues, oder besser: kaltes Wunder erleben. Bis wir den Kamm erreicht haben verläuft der Weg abwechselnd über Froststraße und Waldwege. Dann endlich haben wir den Kamm erreicht. Ein Kamm, der was kann! Manch einer bezeichnet ihn als einen der schönsten Kammwanderungen der Voralpen. Mag sein. Auf jeden Fall besticht er durch einen fast immer an der Kammspitze verlaufenden Steig, durch nette Ausblicke und beschaulichen Föhrenwald. Das einzige, was weniger gefällt, ist der kalte Wind, der uns am Waldgrat ins Gesicht schneidet. Wen erstaunt's allerdings, auch wir sind zu früh dran. Ich wundere mich, dass diesen Kamm bislang noch niemand benamst hat. Das sei nun geändert: "Gaiskamm" sei von nun sein Name! Nur selten wird es steil, einmal sogar vor dem Atzsattel so sehr, dass ein Seil einen zusätzlichen Anhaltspunkt ergibt, obwohl gar nicht notwendig. Stellenweise verwildert der Weg regelrecht, dann betreten wir wieder beschauliche Idylle oder verlieren wir uns in finstrem, mitten im Winterfrühling etwas morbide anmutendem Wald.

Nach weiteren 1 ¼ Stunden erreichen wir absoluten Höhepunkt des Gaiskammes, den 1074 m hohen Gaisruck. GaisruckEin kleines, mit Korpus versehenes Kreuz ziert ihn, und eine Bank, aber keine Aussicht. Die Bäume verstellen jedewede Rundumschau. Also müssen wir uns auf die (Geo-)Schätze am Boden konzentrieren, und die finden wir in einer Felsspalte ein paar Meter unterhalb des Kreuzes.
Der Gaiskamm verläuft weiterhin am Waldgrat und überschreitet den Almes Kogel. Von dort senkt sich der Weg etwas hinab, ehe er sich im Finale vor der Enzian Hütte rund 130 Höhenmeter wieder aufschwingt. Nach weiteren 45 Minuten haben wir die etwas verschlafen dahin dösende Enzian Hütte am Kieneck (1107 m) erreicht. Mangels Schnee mangelt es auch an Touren- und Schneeschuhgehern, die diese Labestation bei normalen Winterverhältnissen in Massen ansteuern. Heute gehört die Hütte mir allein.
Der Rückweg verläuft nun zuerst rot markiert über den Weißriegel in die Rain. Was hier auffällt, dass wir abermals am 974 m hohen Gaisstein vorbeikommen, wie uns ein Schild weismachen will. Verwunderung zuerst, befindet sich doch der Original-Gaisstein etwa 2 km weit entfernt. SchöpflNachdenklich gehen wir weiter, sehen auf einer Lichtung tatsächlich den Gaisstein, und treffen in der Talsohle auf ein weiteres Schild: "893 m, Schöpfl". Hm. Der Schöpfl? Hier? Wohl das originelle Werk eines Witzbolds. Ein Stück begleiten wir auch den Wiener Wallfahrerweg. Sobald wir die Talsohle erreichen, wird es etwas eintöniger. Begleitet von Bächen und Wallfahrtskreuzen wandern wir flach dahin talauswärts. Nach rund einer Stunde zügigen Gehens erreichen wir die ersten Häuser und die sog. Staffbrücke. Nach dieser folgt ein Straßenhatscher, den man sich gerne ersparen könnte/sollte, stünde hier ein weiteres Gefährt oder ein Rad oder käme irgendwann ein Bus vorbei. Tut er aber nicht, weswegen wir durchmüssen. Nach gut zwei Stunden von Kieneck weg erreichen wir unseren Ausgangspunkt Furth und haben wieder eine Kostbarkeit des Wienerwaldes entdeckt: Den Gaiskamm.

Weitere Bilder

Am Gaisstein Dose am Gaisruck Richtung Kieneck Markierungen Zwischen den Jahreszeiten
Vergrößern durch Klick auf Bilder

Lexikon: Bernd Orfer über den Gaisstein

Um diesen Höhenzug rankt sich viel Mystisches, denn die Namen Gaisruck und Gaisstein dürften sich vom keltischen "geis" ableiten, das heilig oder tabu bedeutet. Schon im 18. Jahrhundert las man im Gebirgsfreund: "Würdige nur einmal auch Du den Gaisstein einer Besteigung, lieber Bergfreund, dann werden Dir die Augen aufgehen oben auf dem schneidigen Grate vor der ungeahnten Herrlichkeit, Romantik und Größe seiner Felswände!"
Das löste einen Boom aus, man wollte sogar eine Hütte auf dem "Matterhorn des Waldgebirges" errichten, zumal auch der bekannte und viel beachtete Touristenführer von Förster-Ronniger urteilte: "Als stolzes Wahrzeichen (...) erhebt sich, nach Norden in gewaltigen Felswänden abstürzend, der Gaisstein, dem Beschauer von jeder Seite einen imponierenden Anblick gewährend."
Sehr bald aber versank der Berg wieder in einen Dornröschenschlaf, nach dem Zweiten Weltkrieg war seine Besteigung verboten. Noch immer führt keine markierte Route auf seinen höchsten Punkt, der seit ein paar Jahren ein Gipfelkreuz trägt. (Quelle: Der Standard)

Video



Ausgangspunkt:
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Route:
Furth an der Triesting (422 m) – Amöd – Gaissteiner Alm – Himmelsreith – Gaisstein (974 m) – Atzsattel (911 m) – Gaisruck (1074 m) – Almes Kogel – Kieneck (Enzian Hütte, 1107 m) – Weißriegel – Staffgraben – Staffbrücke – Furth
Gesamthöhenmeter:
Pfeil up pfeil down 1100
Gesamtgehzeit (in Stunden):
Pfeil up pfeil down ca. 5½–6
Schwierigkeiten:
Keinerlei
Eignung für Kinder:
Wenn gehfreudig, gut geeignet. Höchst empfehlenswert für Kinder ist auf jeden Fall der Gaisstein mit seinen Kraxelmöglichkeiten und tierischen Attraktionen...
Eignung für Hund & Katz':
Ob der Wildtiere nicht geeignet
Ausrüstung:
Einkehrmöglichkeiten:
Enzian Hütte am Kieneck
Karte:
Freytag & berndt "Wiener Hausberge"
Geocaches:
Wikipedia-Wissen:
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