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Matthias Zurbriggen_____________________________________

Erstbesteiger des Aconcagua

Von Johnny

Über Matthias Zurbriggen gibt es kaum schriftliche oder fotografische Zeugnisse. Das wenige, was überliefert ist, ergibt das Bild eines rätselhaften Menschen, der einerseits am Berg zu Höchstleistungen fähig war, andererseits ausschweifend und leidenschaftlich zu leben verschwand, schließlich aber abrupt in Lebensüberdruss verfiel.
Zurbriggen schrieb mit der Erstbesteigung des höchsten Berges des amerikanischen Kontinents Alpingeschichte, ist aber letztlich seiner eigenen Lebenslust zum Opfer gefallen.

Wander- und Arbeitsjahre

Matthias ZurbriggenMatthias Zurbriggen wurde 1856 in Saas Fee geboren. Sein Vater war Schuster der kleinen 70-Seelen-Gemeinde, womit es allerdings nicht leicht war die ganze Familie zu erhalten. Im Sommer 1857 beschließt Vater Zurbriggen sich den zweijährigen Matthias auf die Schulter zu laden, die beiden älteren Brüder an die Hand zu nehmen und an die Südseite des Monte Moro nach Macugnaga zu ziehen. Das jüngste Brüderchen war erst 10 Monate alt und saß in einem Korb, den die Mutter auf dem Rücken trug. Als Arbeiter einer Erzmine verdiente Vater Zurbriggen nun in einem Monat so viel wie in Saas Fee in einem halben Jahr. Herabstürzende Felsmassen bereiteten dem Leben des Vaters ein jähes Ende. Die Familie zählte zu diesem Zeitpunkt sieben Köpfe.

Früh an Selbständigkeit gewöhnt geht Matthias Zurbriggen als 14-jähriger nach Sierre, wo er Arbeit findet. Nach etlichen Stationen landet er nach seiner Militärzeit als Begleiter eines reichen Schweizers in Nordafrika. Neun Wander- und Arbeitsjahre ist er nun unterwegs, bevor er wieder nach Macugnaga zu seiner Familie zurückkehrt und dort eine kleine Krämerei eröffnet.

Zurbriggen war leidenschaftlich, ausschweifend, überschwenglich.

1872 packt Zurbriggen das Bergfieber. Allein steigt er in die Wände, auf unerstiegene Gipfel, erkundet unbekannte Bergriesen, bis er auf allen großen Bergen der Westalpen daheim ist. Als bekannter Bergführer bringt er seine Kunden aufs Matterhorn, den Lyskamm, die Dent Blanche, das Breithorn. Seine Spezialroute ist und bleibt aber die Monte Rosa Ostwand.

1892 reist Zurbriggen mit Sir Martin Conway und Oscar Eckenstein, dem legendären Steigeisen-Konstrukteur, ins Himalayagebiet, um dort im Sommer mehr als 16 Gipfel von über 5000 Metern Höhe - darunter den Pioneer Peak (6890 m) im Karakorum - zu besteigen und damit die höchste bis dahin betretene Höhe zu erreichen. 1894 ersteigt Matthias mit dem Engländer Edward Fitz Gerald viele Gipfel in Neuseeland. Den höchsten, den Mount Cook, begeht Zurbriggen alleine.

Als erster Mensch am Aconcagua

1896 zieht es ihn mit Fitz Gerald, Stuard Vines und Nicolas Lanti und 6 Nido de Condores am Aconcaguaweiteren Männern nach Südamerika, um dort die Pyramide des Chimborazzo (Erstbesteiger Whymper) zu erklettern.
Am 23. Dezember 1896 beginnen sie von Puente del Inca aus mit dem Anmarsch zum Aconcagua. Bereits am 26.12. findet Zurbriggen bei einer Erkundungstour jenen Steinmann von Dr. Paul Güssfeldt, den dieser am 5.3.1883 auf etwa 6500 m errichtet hatte. Am 30.12. verlegen sie das Lager von 3600 auf 5500 Meter. Die Träger sind bereits erschöpft, Fitz Gerald bricht übermüdet zusammen. Nach mehreren vergeblichen Versuchen und diversen Erkundungstouren brechen sie am 14.1. gut erholt zum letzten Versuch auf.

Er war wie alle in den Bergen daheim und ihnen verfallen.

Vom Gipfel des AconcaguaWieder aber müssen Fitz Gerald und Vines wenige hundert Meter unter dem Gipfel höhenkrank aufgeben. Matthias Zurbriggen aber stürmt die Nordostflanke des Berges hinauf und steht damit als erster Mensch auf dem Gipfel des 6962 m hohen Aconcagua (siehe Bild rechts), des höchsten Punktes des amerikanischen Kontinents und der westlichen Hemisphäre. Wenige Tage später folgen Nicolas Lanti und Stuart Vines.

Das rätselhafte Lebensende

Es folgen eine Reise in den Tien Shan und eine weitere Himalaya-Expedition. 1906 brechen Zurbriggens bergsteigerischen Aktivitäten abrupt ab. Er stürzt in Not und Armut, zieht als Landstreicher umher. Am 21. Juni 1917 findet man ihn erhängt in Genf.

Lord Conway kommt in seinem Nachruf einer Erklärung des rätselhaften Lebensendes sehr nahe: "Zurbriggen war leidenschaftlich, ausschweifend, überschwenglich. Er gehörte nicht zu den Männern, die gewillt sind, als Bergsteiger bis in das sechzigste Jahr auszuhalten. Sein Leben endete, als er es bis zur Neige ausgetrunken hatte."

Luis Trenker setzt Zubriggen ein wohl treffendes geistiges Denkmal: "Er war wie alle in den Bergen daheim und ihnen verfallen. Er hat, wie die anderen alle, sein Leben den Bergen geweiht und bildet mit ihnen Kern und Stolz des großen Geschlechts der Westalpenführer."

Zum Bericht einer aktuellen Aconcagua-Expedition mit allen Infos und Tipps

Bilder: oben - Matthias Zurbriggen, Mitte - Lager Nido de Condores am Aconcagua, unten - Gipfel des Aconcagua; Quelle: Red.