Etappe 4
Pernitz – Gutenstein – Wegscheid – Gasthof Mamauwiese (957 m) – Sebastianfall – Sonnleiten – Schneebergdörfl – Puchberg/Schneeberg
Fun-Strecke, HU ca.
700 m,
2,5 Stunden
Luft aus! – Panne Nr. 1 ...
Wirtshauskultur vom Feinsten zwischen Pernitz und Gutenstein
Luft aus! – Panne Nr. 2 ...
Gutenstein
Auf der Hochalm der Mamauwiese herrscht die Leichtigkeit des Seins ...
Die Wand neben dem Sebastianfall wird gerne von Kletterern aufgesucht
In den Wasserfallwirt sollte man ob seines urigen Ambientes unbedingt einkehren
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Dass Ferdinand Raimund in die Gegend um Pernitz verliebt war, verrät schon das sog. "Raimundviertel", wo der Prolog der 4. Etappe stattfindet. Immer wieder blinzelt auch schon der Schneeberg durch die Taleinschnitte zwischen Dürrer Wand und Nebelstein hindurch. Zum Schauen kommen wir allerdings nicht, da wir genug damit zu tun haben, den Platten meines Weggefährten zu beheben. Diesbezüglich ein gut gemeinter Radschlag: Die Exklusivität eines Edelrades schützt nicht gegen einen Patschn, weswegen auch auf scheinbar harmlosen Strecken ein oder besser zwei Ersatzschläuche immer dabei sein sollten. Denn just 15 Minuten nach der ersten Panne geht dem 2000,–Euro-Full-Suspension-Mega-High-Tech-Supergaul meines Kollegen zum zweiten Mal die Luft aus. Na so was? Ferdl Raimund würde sich da schon einen Reim darauf machen, etwa diesen: "So fahr ich munter in den Frühlingsschein,
Geht mir in der ersten Kurv' das Radl ein,
Reit ich weiter durch Feld und Wald,
Ist der Gaul aufs Neue kalt. Als das dumbe Pferd bockt zum dritten Mal,
Lass ich's stehn und geh zu Fuß ins Tal."
Etwas genervt laufen wir auf einer Landstraße in Gutenstein ein, der eigentlichen Raimund-Stadt. An der Stadt und der Umgebung hatte der Dichter einen Narren gefressen, sodass er sich hier nieder ließ, sich von Land & Leuten Inspiration holte und sogar wünschte, hier begraben zu werden. Seine Liebeserklärung an Gutenstein beginnt folgender Maßen:
An Gutenstein (1827)
So schau ich Dich im Frühlingsschein,
Du mein geliebtes Gutenstein,
Und durch bedeutungsvolle Zahl
Begrüß ich Dich nun siebenmal.
Die Welt, so alt sie immer sei,
An Trug und Täuschung bleibt sie neu,
Und edle Wahrheit thronet nur
Im Herzen kräftiger Natur.
Vertrauen ist ein muntrer Wandersmann,
Oft klimmt er froh den Berg hinan,
und frägt: Ist hier die feste Burg der Treue?
Da tönt's zurück: "Hier findest Du die Reue!"
Weil mein Gemüt nun auch zu solchem Los geboren,
So hab ich Dich zu meiner Braut erkoren,
Du mein geliebtes Gutenstein,
Hier will ich oft des Beifalls Rauschen
Mit der bescheidnen Stille tauschen
In des Tales dunklem Hain.
Hier will ich all mein Glutverlangen
Kühlen an den blüh'nden Wangen
Deiner üpp'gen Flur;
Und an Deinem holden Busen
Suchen dann der flücht'gen Musen
Kunstgeweihte Spur.
Von der Stille, die hier Raimund besingt, ist auf der nun folgenden Motorrad-Rennstrecke nichts zu merken. Vielleicht könnte man sich in puncto Wegführung etwas anderes einfallen lassen, da die hiesige Landstraße insbesondere an schönen Wochenenden doch recht belebt und nicht ungefährlich ist. Sobald sich die Straße rechts nach Mariazell und links durchs Klostertal zur Mamauwiese gabelt, halten wir uns links. Es wird ruhiger. Der Schneeberg plustert sich zur vollen Größe und prahlt mit seinem wohl schon etwas löchrigen Winter-Gewand. Auch hier im waldigen Klostertal gibt’s noch nichts zum Schwitzen. Im Gegenteil, gemütlich schaukeln wir durch Schmetterlingswiesen, genießen das Gezirpe und Gebrumme – und Gequietsche, das vom 2000,–Euro-Full-Suspension-Mega-High-Tech-Supergaul meines Begleiters stammt. Übrigens schnurrt mein 599,–/KTM-Arbeitsgaul seit Jahren problemlos – keine Plattfüße, keine Konditionsschwächen, kein Geqietsche. Radschlag Nr. 2: Das Teure muss nicht immer das Beste sein ;-)
Beim Schloss Somaruga orientieren wir uns am Schild "Mamauwiese", das nach links auf eine Schotterstraße lenkt. Bei der nächsten Wegverzweigung halten wir uns rechts an die sich anhebende Forststraße. Nie besonders steil, aber stetig bergan stemmen wir uns hoch, die Länge des Anstiegs und das doch höhere Lebendgewicht meines Arbeitsgauls zwingen mir dann doch einige Flüche ab ... "Net raunzen, treten!", lacht der Fahrer des hyperleichten 2000,–Euro-Full-Suspension-Mega-High-Tech-Supergauls, als ich schlapp zu machen drohe. Radschlag Nr. 3: Raunzen UND Treten hilft am besten bei der Bewältigung dieses Abschnitts. Nach etlichen Serpentinen ist der Höhe-Punkt des heutigen Tages, die 957 m hoch gelegene Alm der Mamauwiese erreicht. Es ist ein hübscher und friedlicher Ort hier, voller Kuhgebimmel, Geruhsamkeit und Almfeeling, wo es sich wunderbar rasten lässt. Die Leckerheiten des Bergasthofes werden zudem mit tollem Schneeberg-, Schober- und Öhlerblick noch versüßt.
Almfeeling auch bei der Weiter- und Abfahrt. Kühe, Wiesen und eine herrliche Leichtigkeit des Seins, wie sie nur an solchen Orten spürbar wird.
Eine Forststraße dient als Abfahrtspiste. Wenn aber der Weg nach rechts zum Wasserfallwirt entführen will, widerstehen wir dem doch etwas selektivem Singletrail, da sich kurz nach Sonnleiten eine leichtere Zufahrtsmöglichkeit findet. So bleiben wir in Abfahrtsposition und rollen dem Schneeberg entgegen. Nach Sonnleiten sollte man wie gesagt unbedingt zum "Wasserfallwirt" und dem Sebastianfall abbiegen. Neugierig wie wir sind stemmen wir uns ein kurzes steileres Stück bis zum idyllisch zwischen Felsen gelegenen Wirtshaus hoch und weiter auf einem Waldweg bis zum imposanten Wasserfall mit seinen 70 m hohen Kaskaden, wo eine beliebte Kletterwand auch Vertikalakrobaten anzieht. Wer Hunger hat, sollte unbedingt in den urigen Wasserfallwirt einkehren. Sowohl innen wie außen findet man ein urgemütliches Ambiente vor und die Brandteigkrapferln sind auch nicht von schlechten Eltern, oder besser: Köchen.
Retour auf die Landstraße, wo kurz vor Sonnleiten die auf einem Felsen thronende Burg Losenheim auffällt. Dann von der Landstraße weg auf einen "Rundwanderweg", der sanft ansteigend, dann abfallend durch Wiesen zum verträumten Schneebergdörfl führt.
Der Schneeberg begleitet uns über die gesamte Tour
Nur noch ein kurzer Wald- und Schottertrail und wir landen in Puchberg. Eine nette Etappe, auf der wir viel erlebt – und viel gelernt haben. Am Schluss aber Radschlag Nr. 4: Fahrer von 2000,–Euro-Full-Suspension-Mega-High-Tech-Supergäulen sollten stets Pumpe, Ersatzschläuche, Klebzeug und reichlich Öl dabei haben. Dann kommen auch sie ans Ziel. |