Die
Königspitze, eine mächtige, formschöne Berggestalt,
2000 Meter direkt vom Tal aufragend, konturiert von massiven, langen
Graten - wirklich die wahre Majestät der Ortlergruppe, ja
der Ostalpen schlechthin:
"Unter
allen Berggestalten der Ortlergruppe nimmt die Königspitze, was
Adel ihrer Form und Steilheit der Abstürze betrifft, den vornehmsten
Platz ein",
heißt
es in dem Buch "Die Erschließung der Ostalpen". Was
jedoch die Schwierigkeit ihrer Besteigung angeht, meinten die Suldener
schon Anno dazumal:
"Der
Kinig ischt noch weitaus schiacher als der Ortler selm."
Aufstieg: Casati Hütte - Königsjoch
- Königspitze
4-5 Stunden/HU: 1000m
Von
der Casati
Hütte (3254m) abwärts in Richtung Pizzini Hütte,
nach 20 Minuten in Richtung Nordwesten
zum Beginn des Gran Zebru Gletschers (auch: Vedretta del
Gran Zebru). Über diesen hinauf bis in die Falllinie der Unteren
Schulter der Königspitze. Von hier über Firn (spätsommers
mitunter über leichten Fels) auf die Untere Schulter. Schließlich
zum breiten, bis 42° steilen Hang der Südostflanke:
Wir finden gut aufgefirnten, griffigen Schnee vor, wie über Treppen
steigen wir langsam hoch, benötigen kaum Pickel und Steigeisen,
erreichen problemlos die Obere Schulter (bei Ausaperung
Kletterpassagen bis I). Von hier in Kürze auf den Thron der Königspitze,
3859m (Gipfelkreuz). Unvergesslicher Fernblick auf die Trabanten
Ihrer Majestät: Monte Cevedale,
Zebru, Ortler.
Abstieg: Gran Zebrù - Casati
Hütte
3,5-4 Stunden
Im
Prinzip gleicht der Abstieg dem Aufstiegsweg. Vom Gipfel zur Oberen
Schulter, über den Firn- bzw. Eishang zur Unteren Schulter.
Von hier nach SW auf den Gran Zebru-Gletscher. Unter den Gipfeln
der Kreilspitze und des Schrötterhorns zur Casati
Hütte zurück.
Tipps und wichtige Hinweise:
Die
Besteigung der Königspitze ist stark von der Schneelage abhängig.
Bei zunehmender Ausaperung kann die bis 42° steile Firnflanke vor
allem im Abstieg problematisch sein. Das gleiche gilt bei/nach Kälteperioden:
Dann kann sich dieser bei Firn harmlose Hang zu einer zünftigen
Eisklettertour auswachsen.
Besondere
Vorsicht ist auch am ausgesetzten und manchmal überwächteten
Gipfelgrat geboten.
Beste
Besteigungszeit: Ende Juli/August
Schwierige
Orientierung bei Nebel und Sturm!
An
der Königspitze ist der "komplette" Bergsteiger gefragt,
der sich in brüchigem Fels, in kombiniertem Gelände und steilem
Eis gleicher Maßen wohl fühlt.
Wissenswertes:
Auch die Königspitze blieb vom Irrsinn des Ersten Weltkriegs
nicht verschont. Eine handbetriebene, 16 Kilometer lange Materiallbahn
versorgte damals von Sulden aus die bis in die Gipfelregion reichenden
Soldatenstellungen. Zwei Drittel der Soldaten kamen durch Lawinen,
Schneestürme und Eiseskälte ums Leben.
Bekannt wurde die Königspitze u.a. durch ihre mächtige
Gipfelwächte, die sog. "Schaumrolle", ein Geschenk
der Orkane, die mit 150 km/h und mehr über den Gipfel pfeifen.
Kurt Diemberger durchstieg diese Wächte erstmals 1956, Anfang
der sechziger Jahre brach sie ab, wuchs nach und donnerte in der Nacht
vom 3. auf den 4.Juli 2001 zu Tal, was die Königspitze europaweit
in die Schlagzeilen brachte.
Erstbesteigung:
Die erste vermutliche Ersteigung der Königspitze
soll Stefan Steinberger am 24.8.1854 über die SW-Flanke gelungen
sein. Gesichert ist hingegen, dass Tuckett, Buxton und die Brüder
Biner den Gipfel als erste Menschen am 3.8.1864 über den heutigen
Normalanstieg erreichten.
Karten:
Freytag & Berndt WKS 6, Ortlergruppe, Martell, Val di
Sole, 1:50.000