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Durchs Tote Weite Gebirge

Grundlsee - Wildgößl
Lahngangseen
Redender Stein
Backenstein

Salzkammergut, August 2004

Durrchs Tote Gebirge

Text/Bilder: Thomas Rambauske

Intro

Das Tote Gebirge bildet die steinerne Grenze zwischen der Steiermark und Oberösterreich und formt zugleich einen wesentlichen Bestandteil des Steirischen Salzkammerguts. Der Name "Totes" Gebirge erscheint oberflächlich gesehen eigentlich als Widerspruch zum lebendigen, blühenden Gesicht dieses Bergzuges, besser wäre "weites" Gebirge. Aus geologischer Sicht allerdings trifft die Bezeichnung doch zu: Die Landschaft wird nämlich auch von weiten, kargen, vegationslosen Karstwüsten mit steilen Randabstürzen, Dolinen und Kalkschuttfelder bestimmt. Auch die durch Eiszeitgletscher aus dem steinigen Boden geschürften Seen prägen die Landschaft. Die folgend beschriebene, extrem lange Wanderung verbindet all diese Landschaftselemente: Vom größten See der Steiermark, dem Grundlsee, führt sie mitten in das Tote Gebirge mit seinem größten Naturjuwel, dem märchenhaft gelegenen Vorderen Lahngangsee, über weite Kartstplateaus auf einige der "weitsichtigsten" Kalkgipfel.

An sich kann diese Tour de force auch in mehreren Abschnitten absolviert werden. Die Gehzeiten sind als relativ zu sehen, steckenweise musste ich doch ein zügigeres Tempo hinlegen, um die Tour vor Tagesende abschließen zu können.


1. Etappe

Grundlsee-Gößl (720 m) - Drausengatterl (1380 m) - Vorderer Lahngangsee (1494 m) - Hinterer Lahngangsee - Elmgrube (1622 m) - Abblasbühel - Wildgößl (2062 m)

HU ca. 1350 m / GZ 4-4 ½ Stunden

Unter uns: Gößl-Grundlsee
Unter uns: Gößl-Grundlsee

 

Vorderer Lahngang See
Vorderer Lahngang See

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Almröserl

Start direkt von Gößl (Kirche) am Ostufer des Grundlsees. Anfangs Richtung Toplitzsee, bis ein Wegweiser "Lahngang Seen" und "Pühringer Hütte" nach links hinauf leiten. Durch Laubwald bergauf, kleine Lichtungen eröffnen immer wieder grandiose Tiefblicke zum Grundl- und Toplitzsee hinab.

Beim sog. Gößler Schwaiber zweigt links ein Weg zur Gößler Alm und durch das Längtal Richtung Salzofen ab. Ein beliebtes Ausflugsziel und empfehlenswerter Abstiegsweg, wenn man sich mit dem Wildgößl zufrieden gibt. Wir aber Richtung Pühringer Hütte weiter durch flacheres Gelände. Ab dem Drausengatterl (1380 m, 1,5 Stunden), einem kleinen Felsjoch, ist das Tote Gebirge, wie es charakteristischer nicht sein kann: Weit, felsig, kontrastreich und vor allem erfrischend, kommt doch schon bald der Vordere Lahngangsee in Sicht. Ein Saumsteig führt bis unter die steil aufstrebende Graswand, zwischen kleine Dolinen, an Karrenfeldern vorbei und empor zur Geländerampe des Schafbühels mit seiner lotrechten Wand. Hier über Karrenfelsen eben weiter und durch die Mulde zwischen Schafbühel und Graswand abwärts zum Vorderen Lahngangsee (1494 m). Smaragdgrün, still und wirklich unberührt liegt er da unter der steilen Graswand-Wand. Familien mit Kindern tummeln sich juchzend an seinem einst von Gletschern zugeschliffenen und von Zirben und Lärchen bewachsenen Ufern. Manch Wasserratte wagt den Sprung ins kühle Bergwasser, einige feiern hier ein wahres Badefest!
Für Tagesausflüge eignet sich an heißen Augusttagen dieser sicher schönste Gebirgssee der Steiermark tatsächlich sehr gut, wenn sich an Grundlsee & Co. die Badegäste gegenseitig auf die Zehen steigen.
Durch die Steilabstürze gegen jede Erschließung und durch die felsig-steinigen Ufer gegen Verlandung und Veralgung geschützt, wird das Ufer auch lange so wildromantisch bleiben.

Kleine Buchten laden zum Baden ein

Wir müssen aber weiter, so Leid es uns tut. Vom Nordende des Sees führt ein Pfad in nordöstlicher Richtung an einer Quelle vorbei über die unbewirtschaftete Lahngangalm zum Hinteren Lahngangsee, der allerdings unerreichbar weit und steil unter uns liegt.
Von der Elmgrube (Jagdhaus) wären es nun etwa 30 Minuten zur Pühringer Hütte. Das Tagesprogramm erlaubt aber (noch) keine Hütteneinkehr. Noch liegen etwa 4,5 Stunden zum Albert Appel Haus vor uns (3,5 ohne Wildgößl). Durch Latschen- und Almrosengassen zum Abblasbühel hinauf (Quelle! Wichtige Tankstelle!), wo der Weg entweder direkt und flach zum Appel Haus weiterführt oder eben etwas anstrengender über das Wildgößl, unser erstes Gipfelziel heute. Ein Steig kurvt über einen steilen Grashang hoch, eine anschließende, flache Traverse (Wegweiser) auf das Wildgößl (Gipfelbuch, 2062 m). Einmaliger Ausblick auf den Dachstein und die Ausläufer des Toten Gebirges - und wieder einmal wird klar, dass es besser "Weites" Gebirge heißen sollte.

Blick vom Wildgößl auf den Dachstein
Blick vom Wildgößl auf Dachstein und Totes Gebirge

2. Etappe

Wildgößl - Redender Stein (1900 m) - Albert Appel Haus (1638 m)

HU ca. 200 m, 550 m / GZ 3 ½ Stunden

Die zwei Seiten des Redenden Steins
Die zwei Seiten des Redenden Steins ...

 

Vom Gipfel des Wildgößl kurz den W-Grat entlang, bis die Bodenmarkierungen (Achtung: genau schauen, die Steinmalereien sind nicht immer gut auszumachen!) nach links hinunter leiten. Nun ständig auf und ab durch hochalpine Wildnis. Gähnend tiefe Dolinen, "Schlünde", mahnen zur Vorsicht. Bei der Wiesenlacke (heißt "Lacke", sieht aus wie eine "Lacke" und ist auch eine.) ein Wegweiser. Sobald man die ersten Kuhweiden betritt, fällt ein unbezwingbar scheinenender Felsturm mit Gipfelkreuz auf: Der Redende Stein. Dort hinauf soll ein Wanderweg führen? Kann sich nur um einen Scherz der Kartenzeichner handeln. Also weiter und links liegen lassen. Aber wie das so ist bei den Bergen: Selbst der nach außen hin unnahbar Scheinende hat eine schwache Seite, so auch unser Redender Stein. Alles nur Gehabe und Wichtigtuerei, eine potemkinscher Eiger-Nordwand sozusagen, von Osten her führt nämlich ein gemütlicher Weg durch Latschengassen hoch zum Gipfelkreuz (15 Minuten).

Am Gipfel des Redenden Steins

Weil ich von Natur aus neugierig bin, höre ich genau hin, was der Redende Stein so alles redet: "Schon wieder so ein Trottel, der glaubt, ich sei unbesteigbar und könne reden ...".
Na ja. Wieder hinunter und durch Wald- und Wiesengelände zum Appel Haus (45 Minuten). Jetzt aber Pause. Ein Radler und eine herrliche Gulaschsuppe soll die Gelenke schmieren für den langen Abstieg.

Albert Appel Haus
Albert Appel Haus

3. Etappe

Albert Appel Haus - Brunnwiesen Alm - Backenstein (1772 m) - Almbergweg - Kesselbrunn - Grundlsee (708 m) - Nordufer-Hatscher nach Gößl

HU ca. 150 m, 1000 m / GZ 4 Stunden

Blick vom Backenstein auf den Grundlsee
Blick vom Backenstein auf den Grundlsee

 

Tiefsichtiger Almbergweg
Tiefsichtiger Almbergweg


Abend am Grundlsee
Abend am Grundlsee

Der gemütlichste Abschnitt der Tour folgt nun: Sanft geneigtes Almgelände, durch das es sich meditativ schlendern lässt bis zu einem Almgatterl, vor dem links ein Pfad zum Backenstein hochleitet. Diesen Gipfel noch mitnehmen? Nach fast 1500 m Aufstieg noch etwa 150 drauflegen? Auf den Backenstein müsse man wegen der Aussicht, heißt es in den Broschüren, also hinauf, was soll's, schließlich sind wir auf Urlaub und da wird berggestiegen und nicht gefaulenzt. Der Pfad führt zuerst über einen steilen Schotterhang, dann durch ein verwinkeltes Gasselwerk aus Latschen, Felsen und "Schlünden" (= unentrinnbar tiefe Dolinen!) zur bekreuzten Aussichtskanzel des Backensteins. Und die Broschüren versprechen nicht zu viel: Das Panorama reicht vom Grundlsee über die Salzkammergut-Berge bis zu den Schladminger und Niederen Tauern. So, jetzt reicht's ... noch immer nicht ...
Über einen Höhenkilometer müssen wir noch hinunter - ein Fest für die Kniegelenke! Vorerst lenkt die imposante Anlage des Almbergwegs von den beginnenden Kolbenreibern ab. Immerzu den Grundlsee tief unter sich, eine von Höhlen und dem riesigen Almbergloch durchsetzte Steilwand vor sich geht's auf schottriger Rutschbahn bergab bis zu einem Marterl in einer romantisch-stillen Felsecke. Dann einer Forststraße geduldig nach und einem Wegweiser folgend an einer Quelle (auf dieser Tour gibt es wahrlich kein Problem mit Frischwasser-Nachschub) vorbei durch Wald nach Grundlsee hinab. Schnauf.
Wenn hier kein Auto steht, was tun? Bus fährt ab 18 Uhr keiner mehr und per Autostopp? Unter der Würde eines Extrem-Wanderers. Also zu Fuß das Nordufer des Grundlsees entlang nach Gößl zurück latschen? Wie lange denn so Fußmarsch dauere, frage ich eine Seewirtin: "Jo mei, zwa, zwaraholb Stundn, je noch dem ...". "Je nach was?" "Je noch dem, wia schnöll 's bist - hi, hi ..." Sehr lustig. Ich benötige eine Stunde nach Gößl, aber auch nur, weil es eher eine schnell zu bewältigende Plage denn eine Lust ist, ein vollkommen verbautes Ufer über einen betonierten Straßengehweg in die beginnende Nacht zu latschen. Für den etwas abseits gelegenen, schöneren Via Artis Grundlsee, dem Künstler- und Promenadenweg, der die Kultur und Landschaft dieser Region zum Thema hat, ist's schon zu spät und dunkel.
Was außer Blasen und schmerzenden Knie-Scharnieren bleibt, ist die Genugtuung, einen perfekten Kreis ergangen, sich über 12 Stunden und 1700 Höhenmeter richtig ausgetobt und ein herrliches Stück "Totes", oder besser: "Weites" Gebirge erlebt zu haben.


Salzkammergut

Der Name "Salzkammergut" geht auf die schon in der Eisenzeit ensetzende Salzgewinnung zurück. Da diese Region während der Habsburger Kaiserzeit der Hofkammer unterstellt war, also "Kammergebiet" war, ist die Bezeichnung "Salzkammergut" zum historischen Begriff geworden. Heute dient diese Bezeichnung als geografische Definition des Raumes, der sich von den Kalkstöcken des Dachsteins, Grimmings und Toten Gebirges im Süden bis in das offene Alpenvorland erstreckt.

Grundlsee

GrundlseeDer klare, ungefähr 6 km lange See bietet alle Möglichkeiten, den Urlaub in erfrischeender Weise zu verbringen. Segler, Taucher, Fischer, Surfer finden hier alles, was Wassersportlers Herz begehrt.

Wenig abseits der unberührte Toplitz- und Kammersee. All diese Seen bildeten den Hintergrund der bekannten Romanze um den volkstümlichen Erzherzog Johann und seine spätere Gemahlin, die Postmeistertochter Anna Plochl aus Aussee.

Dolinen

Dolinen sind kreisrunde Bodenvertiefungen, die wie ein Versickerungstrichter das Oberflächenwasser ableiten. Diese Schlünde können mehr oder weniger tief sein, sind also auf jeden Fall zu meiden.

Karre

Als Karre bezeichnet man die etwa parallel zueinander verlaufenden Steinrinnen, die aussehen, als ob sie aus den glatten Felsplatten herausgefräst worden wären.


Schwierigkeiten:
Teilt man diese Tour auf zwei Tage auf, keinerlei Schwierigkeiten. In einem absolviert, verlangt diese "Extrem-Wanderung" natürlich Kondition und Stehvermögen.
Höhenmeter: Etwa 1700 in Auf- und Abstieg
Gesamtgehzeit: ca. 11,5-12 Stunden (bei zügiger Gehweise!)
Beste Jahreszeit: Juli bis Mitte Oktober
Kinder:

Ideal für KinderFür gehfreudige kleine Wassernixen optimal geeignet der Wegabschnitt bis zum Vorderen Lahngangsee. Hin- und Rückweg etwa 4-4,5 Stunden.

Vor allem an heißen August-Tagen ist auch dieser See durchaus schwimmbar.

Hund und Katz': Nicht geeignet
Ausrüstung: Pack-Checkliste >>>
Einkehrmöglichkeiten:

Pühringer Hütte
Albert Appel Haus

Karte: Freytag & berndt, WK 281 "Dachstein, Ausseer Land, Filzmoos-Ramsau", 1:50 000
Internet:

www.grundlsee.at
www.salzkammergut.at