Route:
Essener
& Rostocker Hütte (2207m) - Dellacher Keesflecke
- über den Südost-Grat der Östlichen Simonyspitze
(3441m)
HM
ca. 1300 m / GZ 9 Stunden
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Von
unserem Basislager, der Essener
& Rostocker Hütte, aus taleinwärts ein kurzes
Stück dem Maurerbach entlang, dann in scharfen Kehren durch die
sog. Dellacher Keesflecke. Es werde eine leichte Tour, beruhigt
Bergführer Harry Höll. Geirrt. Noch steckt uns der gestrige
12-Stunden-Marathon auf den Großen
Geiger in den Knochen, niemand glaubt, dass dieses Abenteuer
noch zu toppen wäre. Geirrt.
Nach
drei Stunden erreichen wir das erste Schneefeld, das noch ohne Steigeisen
zu meistern ist. Ha, Klacks! Ein Spaziergang. Wieder geirrt. Nach einem
Stück leichter Geröllheimerei der Beginn jener "Firnflanke",
wir wir erfahren, was Frontalzacken sind, wo wir erkennen, dass man
Pickel aus Eisen nicht ausdrücken kann und wo Sigi, der Bayer und
Finanzer, jener Mann, der Susanne einen 200m-Tower vor die Jedlseer
Nase setzte, erfährt, dass dieses Eis nicht zum Schlecken
war.
Auf jeden Fall ging's da plötzlich brutal steil bergauf, 40-45°
müssen es gewesen sein, und das über mehrere Seillängen.
Frontalzacken einsetzen!, brüllt Harry. Wir setzen; Pickel
ordentlich ins Eis schlagen! Wir schlagen. Nicht aufs Seil steigen!
Wir steigen ...
Der Hang bleckt die eisigen Zähne und dann, ja dann, jener historische
Moment: Sigi, der bayerische Turm-Erbauer - auf allen Vieren - mitten
im Abhang - unter, über, um ihn herum nur steiles Eis - bebende
Fersen - hämmernder Pickel - splitternde Eisscherben ... und plötzlich
ein Schrei, erruptiv hervorquellend aus der tiefsten Tiefe seiner gemarterten
Finanzer-Seele:
So hallt's
über die Simonyspitzen, um den Großvendiger herum bis nach
München und Jedlsee. Historisch. Und Sigi, der Bayer und 200m-Tower-Mann,
ward Mensch.
Nach einem
weiteren Blockhang und ein harmloses Schneefeld erreichen wir nach etwa
5,5 Stunden den Gipfel.
Sigi ist
nach dieser Tour wie verwandelt. Wie das eben so ist bei Menschen, die
den Bergen zum Opfer gefallen sind. Selten habe ich jemanden erlebt,
der so exemplarisch und schnell über sich hinausgewachsen ist wie
er.
Der Gipfel
besteht eigentlich aus einem scharfen Grat, den Harry dazu benützt,
uns sein Eis-Können zu beweisen. Ja, so geht's. O.k. Ab durch die
Mitte. Denselben Eishang auf allen Vieren hinabgekrabbelt, bis uns Harry
darauf hinweist, dass wir doch eigentlich aufrecht gehende Homo Sapiens
seien. Ja, ja schon, aber nur mit der richtigen Steigeisentechnik -
homo sapiens steigeisiensis sozusagen. Am Ende schaffen wir es,
steigen die Simonyspitze aufrecht, ein wenig stolz, auf jeden Fall aber
um einige Seillängen mutiger wieder abwärts.
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