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Mit Sisu durch die Märchenlandschaft des

Hochschwabs

Häuselam, Sonnschienalm, Hochschwab, G'hacktes, Trawiestal

2277m, 2-Tages-Tour, Steirische Voralpen, 6/2003


Von Thomas Rambauske

Intro

Welteinsame Kare, aus denen himmelwärts ragende Wände aufstiegen, wilde Schluchten und Tobel, in denen zu Zeiten der Hochgewitter gewaltige Wassermassen herabstäuben; von den Gipfeln Blicke auf sich weitende Almen, belebt von Herden von Jungvieh, Ausblicke in duftige Fernen auf die blauenden Bergzüge des Mittellandes. Das ist das besonders Reizvolle des Hochschwabs, dass der Ernst, die Größe echt alpiner Landschaft gemildert wird durch eine sanfte, liebliche Note,

so Franz Kleinhans, ein Pionier und Entdecker des Hochschwabs - und er hat nicht unrecht. Der Schwab' verdient solche Loblieder, und niemand, der durch seine Wälder streift, über seine verträumten Almen flaniert, seine Felsklippen klettert oder über die weichen Wiesenmatten des Plateaus schlendert, wird sich der Schwärmerei entziehen können. Der Hochschwab sei eine "Seelenlandschaft voller Romantik" (Peter Baumgartner), "Der alte Riese Schwab" erzähle "Märchen - von Sonne, warmem Wind, vom blühenden Leben" (Sepp Dobiasch), von einem "köstlichen Erdenwinkel" spricht Fritz Schosserer 1882.

Die hier vorgestellte Tour, eine Teilüberschreitung vom Bodenbauer über die Häuselalm zur Sonnschienalm und -hütte (1. Tag), und über das Hochplateau zum Hochschwab-Gipfel und über den Klettersteig des sog. "G'hackten" sowie durch das Trawiestal zurück zum Bodenbauer, beinhaltet alle oben genannten Reize und Kontraste, Ich unternahm sie mit zwei finnischen Damen, die sich ausgerechnet diese Tour wünschten, als sei der Ruf des Hochschwabs sogar nach Helsinki gedrungen. Einiger Argwohn war schon dabei, mit jemandem diese Monstertour zu gehen, der nie über Finnlands höchsten Berg, den 1.328 m hohen Halti, hinauskam. Aber in einem Land der besten Langläufer der Welt hat man eben Sisu - finnisch für "Power" - und das bedeutet mehr Kondition, als man vermuten darf ...

1. Tag

Gasthof Bodenbauer (884m) - Häuselalm (1525m) - Sackwiesenalm - Sackwiesensee (1414m) - Sonnschienalm (Sonnschienhütte, 1523m)

HM ca. 750 / GZ 3 Stunden

Häuslalm
Häuselalm

 

Am Sackwiesensee
Am Ufer des Sackwiesensees

Über dem Gasthof Bodenbauer, wo wir unsere 2-Tages-Tour starten, winken bereits hoch und steil aufragend der Zinken, der Große Beilstein und die Stangenwand.
Vom Schranken auf einem Fahrweg kurz taleinwärts. An der ersten Weggabelung links in den Sackwaldboden (Weg 840), wo sich der Weg etwas aufsteilt und in schönen Mischwald eintaucht. Weite Serpentinen halten die Anstrengung in Grenzen, queren zwei Mal Forststraßen, ehe der Weg zum steinigen Steig wird und wir durch einen karähnlichen Boden zur Häuselalm (1,75 Stunden) gelangen, eine urige Hütte, vor der es sich im Sommer bei G'selchtem und Bier herrlich rasten lässt.

Nun etwas bergab zu den Hütten der Sackwiesenalm und noch einmal kurz ansteigend auf einen Sattel. Von diesem in den Wald- und Almboden am Sackwiesensee, dem wohl wärmsten und einladendsten aller Hochschwäbischen Bergseen.

Dunkle Fichten umsäumen seine Ufer, hinter dem Walde steigen die zerrissenen Wände himmelan, und als Höchster hebt stolz der Ebenstein das Haupt. Unten aber, im dunklen stillen Wasser, schaut man noch einmal das verkehrte Bild, und schwer nur wendet man den Blick von den unnachahmlichen Reizen, mit denen die Natur diesen köstlichen Erdenwinkel ausgestattet.
(Fritz Schosserer über den Sackwiesensee, 1882 in der Österreichischen Touristenzeitung)

Bis hierher auch ein absoluter Familientipp für Berg-Zwerge ab 8!

Nun in leichtem Auf und Ab westlich auf die weiten Böden der Sonnschienalm ("Sonnenschein" - Nomen est omen), ein traditionsreiches Almwirtschaftsgelände mit etlichen Almhütten. Am nördlichen Rand des Almbodens, einem idealen Platz, die Sonnschienhütte. Diese Alm muss man erlebt haben. Wie eingepasst liegt sie traumhaft schön zwischen Ebenstein, Grasserwand, Hochschwabplateau und Kulmstein. Wenn hier der Tag dämmert, schälen sich die Eisenerzer Berge aus dem Dunst, spielen Kinder und Hunde, strömt alles aus den Hütten zum meditativen Promenieren - ein selten friedliches Sein hier heroben.

Sonnschienalm
Hier lässt sich's leben - auf der Sonnschienalm


2. Tag:

Sonnschienalm - Häuselalm - Häuseltrog - Hundsböden - Rauchtal Sattel - Fleischer-Biwak - Hochschwab (2277m)

HM ca. 800 / GZ 4 Stunden

 

Rauchtal-Sattel
Am Rauchtal Sattel

 

Den gestrigen Weg zurück zur Häuselalm (1 Stunde), wo wir unsere Wasserflaschen vollfüllen (auf der Sonnschienalm gibt es kein Trinkwasser). Von der Hütte zieht die Markierung 801/805 zuerst in den Häuseltrog hinauf und gleich weiter in den Baumstall. Dort wird es weitsichtig und eben. Gamswild begleitet uns durch Stein- und Latschengassen, vorbei an Dolinen und über weiche Wiesenmatten. In der Hirschgrube (1,25 Stunden) sollte man nicht der Stangenmarkierung nach rechts folgen, sonst landet man auf dem Gipfel des Zinken. Wir bleiben der farbigen Markierung treu und folgen ihr über den breiten Rücken der Hundsböden, über die man über die 2000-Meter-Marke ansteigt.

Liisa und Eiya, meine finnischen Begleiterinnen, werden ob dieser magischen Grenze gebührlich gefeiert. In weiterer Folge werden Dolinenmulden mal rechts, mal links umgangen, am Rauchtal Sattel endlich kommt ER in Sicht, der Hochschwab, unser Ziel. Nicht mehr weit ist es nun, 45 Minuten vielleicht.

In leichtem Auf und Ab führt der Pfad über Rasenböden hinüber zur Fleischer-Biwakschachtel (offener Unterstand für etwa 10 Personen) und von dieser den Gipfel des Hochschwabs (2277m, etwa 4 Stunden von der Sonnschienalm).
Herrlicher Blick - überallhin und hinauf, die Gipfelaufzählung würde eine Seite beanspruchen - also lassen wir's. Schau'n, durchatmen und das Gefühl genießen, wieder etwas Tolles erlebt zu haben, heißt die Devise.


Abstieg:

G'hacktes - Trawiestal - Ghf. Bodenbauer

HM 1400 / GZ 4 Stunden

 

 

 


Im G'hackten

 

 

Für den Abstieg bieten sich zwei Varianten an: östlich über den Graf Meran Steig und den Trawiessattel, oder über das G'hackte ins Trawiestal. Da der östliche Weg mit einem neuerlichen Anstieg (150 Höhenmeter!) zum Trawiessattel verbunden ist, entscheiden wir uns für das berühmte G'hackte, einen leichten, gut versicherten Klettersteig direkt hinunter ins Trawiestal.

Dazu wieder zur Fleischer-Biwakschachtel zurück. Nun nördlich den Stangen nach bergab, bis der Rasen in Geröll übergeht und in die gewaltige Felsszenerie des G'hackten einmündet. Am unteren Ende einer Mulde ein Gedenkkreuz. Durch eine große, mit Schotter gefüllte Doline bis zum Beginn der Felsrinne zwischen G'hacktstein und Eisgruben. Unter dem gewaltigen Überhang des G'hacksteingipfels auf eine Rippe und in die steil abfallende Schlucht des G'hackten. Leitern, Klammern, Geländer und Drahtseile leiten sicher über exponierte Stellen hinab. Nach der letzten Sicherung, einer Kette, im Zickzack steil bergab zum Vogauer Gedenkkreuz, das an fünf Schüler erinnert, die 1988 im Schneesturm umkamen. Unweit des Kreuzes im Latschengewirr das sog. Vogerlbad und G'hacktbrunn, eine Quelle.

Nun durch den Talschluss bis zur Trawies Alm mit der markanten Silhouette des Festlbeilsteins. Danach die lotrechten, plattigen Felsabbrüche der Hundswand, einem Trainingsfelsen für Kletterer und Boulderer. Schließlich überqueren wir den Trawies Bach und gelangt über eine Forststraße leicht absteigend und der Markierung 839 folgend bis zur bereits vom Aufstieg bekannten Weggabelung. Von dort in wenigen Minuten zum Gasthof Bodenbauer.


Schwierigkeiten:

 

Die Weglänge des 2. Tages hat es in sich! Auch die zu bewältigenden Höhenmeter im Abstieg verlangen ein ordentliches Maß an Gehfestigkeit.

Gefährlich ist der Hochschwab vor allem aus einem Grund: Schlechtwettereinbrüche und Nebel führen und führten auf der Hochfläche immer wieder zu schweren Unglücken und Abstürzen. Das Orientierungsvermögen kann dort oben gleich Null sein - weswegen absolut sichtiges und stabiles Wetter insbesondere für die hier vorgestellte Tour unbedingt von Nöten ist.
Beste Jahreszeit: Am schönsten sicher vom Frühjahr bis zu den ersten Herbsttage.
Kinder: Die Tour vom Bodenbauer über Häuselalm bis zum Sackwiesensee eignet sich hervorragend als Familien-Tagestour mit Kindern ab 8 Jahren.
Ausrüstung: Pack-Checkliste >>>
Auf der Hochfläche keine "Tankstellen", viel Flüssigkeit mitnehmen!
Einkehrmöglichkeit: Bodenbauer, Häuselalm, Sonnschienhütte
Karten: Feytag & berndt, Wanderkarte "Hochschwab - Veitschalpe", 1:50.000 WK 041; Österreichische Karte 1:50.000, Blatt 101 "Eisenerz" und 102 "Hochschwab"

Informationen:

 



Moorlandschaft um den Sackwiesensee

  • Das Plateaugebirge des Hochschwabs erstreckt sich mit einer Gesamtausdehnung von 560 Quadratkilometern von Hieflau bis Leoben, von der Mürzfurche bis Aflenz und Seewiesen. Mehr als 100 Gipfel überragen 40 Täler.
  • Geologie: Dolinen, Felsspalten, ausgewaschene Karre und Höhlen, gewaltige Schuttkarre unter zerrissenen Kalkwänden, blühende Flora und artenreiche Fauna sind die typischen Formen eines verkarsteten Kalkgebirges. Die Entwässerung geschieht unterirdisch. Das durch den Kalk sickernde Wasser versorgt Wien und Graz mit Trinkwasser.
  • Der Name des Fleischer-Biwaks erinnert an Ferdinand Fleischer, den Obmann der Voisthaler AV-Gruppe und besten Kenner des Gebietes. Er und seine Begleiter aus Wien kamen am 12.4.1903 ums Leben, als sie unweit der heutigen Biwak-Schachtel in einen Schneesturm gerieten.
  • Tragöß-Oberort: Pfarrkirche aus dem 12. Jahrhundert; Heimatmuseum mit bäuerlichen Gerätschaften
  • Die im Jahr 1700 erbaute "Bodenbauerkeusche" ist als Hochschwab-Museum eingerichtet. Auskunft beim Bodenbauer.
  • Das G'hackte wurde vom Steirischen Gebirgsverein angelegt und von Karl Doménigg erstmals durchstiegen. Als 1889 die "Voisthaler" den Hochschwab als Arbeitsgebiet übernahmen, wurde der Steig durch eine 160-stufige hölzerne Leiter, Stifte, eiserne Geländer und Seile verbessert und am 29. Juni 1901 eröffnet.
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