Welteinsame
Kare, aus denen himmelwärts ragende Wände aufstiegen, wilde
Schluchten und Tobel, in denen zu Zeiten der Hochgewitter gewaltige
Wassermassen herabstäuben; von den Gipfeln Blicke auf sich weitende
Almen, belebt von Herden von Jungvieh, Ausblicke in duftige Fernen auf
die blauenden Bergzüge des Mittellandes. Das ist das besonders
Reizvolle des Hochschwabs, dass der Ernst, die Größe echt
alpiner Landschaft gemildert wird durch eine sanfte, liebliche Note,
so
Franz Kleinhans, ein Pionier und Entdecker des Hochschwabs -
und er hat nicht unrecht. Der Schwab' verdient solche Loblieder, und
niemand, der durch seine Wälder streift, über seine verträumten
Almen flaniert, seine Felsklippen klettert oder über die weichen
Wiesenmatten des Plateaus schlendert, wird sich der Schwärmerei
entziehen können. Der Hochschwab sei eine "Seelenlandschaftvoller Romantik" (Peter Baumgartner), "Der alte
Riese Schwab" erzähle "Märchen - von Sonne,
warmem Wind, vom blühenden Leben" (Sepp Dobiasch), von
einem "köstlichen Erdenwinkel" spricht Fritz
Schosserer 1882.
Die
hier vorgestellte Tour, eine Teilüberschreitung vom Bodenbauer
über die Häuselalm zur Sonnschienalm und -hütte
(1. Tag), und über das Hochplateau zum Hochschwab-Gipfel und
über den Klettersteig des sog. "G'hackten" sowie
durch das Trawiestal zurück zum Bodenbauer, beinhaltet alle
oben genannten Reize und Kontraste, Ich unternahm sie mit zwei finnischen
Damen, die sich ausgerechnet diese Tour wünschten, als sei der Ruf
des Hochschwabs sogar nach Helsinki gedrungen. Einiger Argwohn war schon
dabei, mit jemandem diese Monstertour zu gehen, der nie über Finnlands
höchsten Berg, den 1.328 m hohen Halti, hinauskam. Aber in
einem Land der besten Langläufer der Welt hat man eben Sisu
- finnisch für "Power" - und das bedeutet mehr Kondition,
als man vermuten darf ...
Über
dem Gasthof Bodenbauer,
wo wir unsere 2-Tages-Tour starten, winken bereits hoch und steil aufragend
der Zinken, der GroßeBeilstein und die Stangenwand.
Vom Schranken auf einem Fahrweg kurz taleinwärts. An der ersten
Weggabelung links in den Sackwaldboden (Weg 840), wo sich der
Weg etwas aufsteilt und in schönen Mischwald eintaucht. Weite Serpentinen
halten die Anstrengung in Grenzen, queren zwei Mal Forststraßen,
ehe der Weg zum steinigen Steig wird und wir durch einen karähnlichen
Boden zur Häuselalm (1,75 Stunden) gelangen, eine urige
Hütte, vor der es sich im Sommer bei G'selchtem und Bier herrlich
rasten lässt.
Nun
etwas bergab zu den Hütten der Sackwiesenalm und noch einmal
kurz ansteigend auf einen Sattel. Von diesem in den Wald- und Almboden
am Sackwiesensee, dem wohl wärmsten und einladendsten aller
Hochschwäbischen Bergseen.
Dunkle
Fichten umsäumen seine Ufer, hinter dem Walde steigen die zerrissenen
Wände himmelan, und als Höchster hebt stolz der Ebenstein
das Haupt. Unten aber, im dunklen stillen Wasser, schaut man noch einmal
das verkehrte Bild, und schwer nur wendet man den Blick von den unnachahmlichen
Reizen, mit denen die Natur diesen köstlichen Erdenwinkel ausgestattet. (Fritz
Schosserer über den Sackwiesensee, 1882 in der Österreichischen
Touristenzeitung)
Bis
hierher auch ein absoluter Familientipp für Berg-Zwerge
ab 8!
Nun
in leichtem Auf und Ab westlich auf die weiten Böden der Sonnschienalm
("Sonnenschein" - Nomen est omen), ein traditionsreiches Almwirtschaftsgelände
mit etlichen Almhütten. Am nördlichen Rand des Almbodens,
einem idealen Platz, die Sonnschienhütte. Diese Alm muss
man erlebt haben. Wie eingepasst liegt sie traumhaft schön zwischen
Ebenstein, Grasserwand, Hochschwabplateau und Kulmstein.
Wenn hier der Tag dämmert, schälen sich die Eisenerzer Berge
aus dem Dunst, spielen Kinder und Hunde, strömt alles aus den Hütten
zum meditativen Promenieren - ein selten friedliches Sein hier heroben.
Den gestrigen Weg zurück zur Häuselalm(1 Stunde),
wo wir unsere Wasserflaschen vollfüllen (auf der Sonnschienalm
gibt es kein Trinkwasser). Von der Hütte zieht die Markierung 801/805
zuerst in den Häuseltrog hinauf und gleich weiter in den
Baumstall. Dort wird es weitsichtig und eben. Gamswild begleitet
uns durch Stein- und Latschengassen, vorbei an Dolinen und über
weiche Wiesenmatten. In der Hirschgrube(1,25 Stunden)
sollte man nicht der Stangenmarkierung nach rechts folgen, sonst landet
man auf dem Gipfel des Zinken. Wir bleiben der farbigen Markierung
treu und folgen ihr über den breiten Rücken der Hundsböden,
über die man über die 2000-Meter-Marke ansteigt.
Liisa
und Eiya, meine finnischen Begleiterinnen, werden ob dieser magischen
Grenze gebührlich gefeiert. In weiterer Folge werden Dolinenmulden
mal rechts, mal links umgangen, am Rauchtal Sattel endlich kommt
ER in Sicht, der Hochschwab, unser Ziel. Nicht mehr weit ist es nun,
45 Minuten vielleicht.
In
leichtem Auf und Ab führt der Pfad über Rasenböden hinüber
zur Fleischer-Biwakschachtel (offener Unterstand für etwa
10 Personen) und von dieser den Gipfel des Hochschwabs (2277m,
etwa 4 Stunden von der Sonnschienalm).
Herrlicher
Blick - überallhin und hinauf, die Gipfelaufzählung würde
eine Seite beanspruchen - also lassen wir's. Schau'n, durchatmen und
das Gefühl genießen, wieder etwas Tolles erlebt zu haben,
heißt die Devise.
Abstieg:
G'hacktes - Trawiestal - Ghf. Bodenbauer
HM 1400 / GZ 4 Stunden
Im G'hackten
Für
den Abstieg bieten sich zwei Varianten an: östlich über
den Graf Meran Steig und den Trawiessattel,oder
über das G'hackte ins Trawiestal. Da der östliche
Weg mit einem neuerlichen Anstieg (150 Höhenmeter!) zum
Trawiessattel verbunden ist, entscheiden wir uns für das
berühmte G'hackte, einen leichten, gut versicherten Klettersteig
direkt hinunter ins Trawiestal.
Dazu
wieder zur Fleischer-Biwakschachtel zurück. Nun nördlich
den Stangen nach bergab, bis der Rasen in Geröll übergeht
und in die gewaltige Felsszenerie des G'hackten einmündet.
Am unteren Ende einer Mulde ein Gedenkkreuz. Durch eine große,
mit Schotter gefüllte Doline bis zum Beginn der Felsrinne zwischen
G'hacktstein und Eisgruben. Unter dem gewaltigen Überhang
des G'hacksteingipfels auf eine Rippe und in die steil abfallende Schlucht
des G'hackten. Leitern, Klammern, Geländer und Drahtseile
leiten sicher über exponierte Stellen hinab. Nach der letzten Sicherung,
einer Kette, im Zickzack steil bergab zum Vogauer Gedenkkreuz,
das an fünf Schüler erinnert, die 1988 im Schneesturm umkamen.
Unweit des Kreuzes im Latschengewirr das sog. Vogerlbad und G'hacktbrunn,
eine Quelle.
Nun
durch den Talschluss bis zur Trawies Alm mit der markanten Silhouette
des Festlbeilsteins. Danach die lotrechten, plattigen Felsabbrüche
der Hundswand, einem Trainingsfelsen für Kletterer und Boulderer.
Schließlich überqueren wir den Trawies Bach und gelangt
über eine Forststraße leicht absteigend und der Markierung
839 folgend bis zur bereits vom Aufstieg bekannten Weggabelung. Von
dort in wenigen Minuten zum GasthofBodenbauer.
Schwierigkeiten:
Die
Weglänge des 2. Tages hat es in sich! Auch die zu bewältigenden
Höhenmeter im Abstieg verlangen ein ordentliches Maß
an Gehfestigkeit.
Gefährlich
ist der Hochschwab vor allem aus einem Grund: Schlechtwettereinbrüche
und Nebel führen und führten auf der Hochfläche
immer wieder zu schweren Unglücken und Abstürzen. Das Orientierungsvermögen
kann dort oben gleich Null sein - weswegen absolut sichtiges und stabiles
Wetter insbesondere für die hier vorgestellte Tour unbedingt von
Nöten ist.
Beste
Jahreszeit:
Am
schönsten sicher vom Frühjahr bis zu den ersten Herbsttage.
Kinder:
Die
Tour vom Bodenbauer
über Häuselalm bis zum Sackwiesensee eignet sich hervorragend
als Familien-Tagestour mit Kindern ab 8 Jahren.
Ausrüstung:
Pack-Checkliste
>>>
Auf der Hochfläche keine "Tankstellen", viel Flüssigkeit
mitnehmen!
Das
Plateaugebirge des Hochschwabs
erstreckt sich mit einer Gesamtausdehnung von 560 Quadratkilometern
von Hieflau bis Leoben, vonder Mürzfurche
bis Aflenz und Seewiesen. Mehr als 100 Gipfel überragen
40 Täler.
Geologie:
Dolinen, Felsspalten, ausgewaschene Karre und Höhlen, gewaltige
Schuttkarre unter zerrissenen Kalkwänden, blühende Flora
und artenreiche Fauna sind die typischen Formen eines verkarsteten
Kalkgebirges. Die Entwässerung geschieht unterirdisch. Das durch
den Kalk sickernde Wasser versorgt Wien und Graz mit Trinkwasser.
Der
Name des Fleischer-Biwaks erinnert an Ferdinand Fleischer,
den Obmann der Voisthaler AV-Gruppe und besten Kenner des Gebietes.
Er und seine Begleiter aus Wien kamen am 12.4.1903 ums Leben, als
sie unweit der heutigen Biwak-Schachtel in einen Schneesturm gerieten.
Tragöß-Oberort:
Pfarrkirche aus dem 12. Jahrhundert; Heimatmuseum mit bäuerlichen
Gerätschaften
Die
im Jahr 1700 erbaute "Bodenbauerkeusche" ist als
Hochschwab-Museum eingerichtet. Auskunft beim Bodenbauer.
Das
G'hackte wurde vom Steirischen Gebirgsverein angelegt und von
Karl Doménigg erstmals durchstiegen. Als 1889 die "Voisthaler"
den Hochschwab als Arbeitsgebiet übernahmen, wurde der Steig
durch eine 160-stufige hölzerne Leiter, Stifte, eiserne Geländer
und Seile verbessert und am 29. Juni 1901 eröffnet.