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Über dünnes Eis ...

Vordere Gubachspitze

3318m, Venediger Gruppe, 8/2003

Am Simonysee

Von Thomas Rambauske

Intro

Die Vordere Gubachspitze, bis vor Kurzem ein leicht zu erreichender Hütten-Dreitausender, stellte uns im Hitzesommer 2003 vor fast unlösbare Probleme. Der Bericht darüber kann also bereits nächstes Jahr überholt sein, so sich der Zustand der Gletscher wieder normalisiert. Aber er kann durchaus auch für die nächsten Jahre Gültigkeit haben, wenn sich das Alpenklima weiter in Richtung Erwärmung entwickelt.


Aufstieg

Essener Rostocker Hütte (2208m) - Reggentörl (3056m) - Vordere Gubachspitze (3318m)

HU ca. 1000m / GZ 6 Stunden

Am Gletscher

Vor dem Gipfel

Es sollte ein Tag voller Abenteuer, Spannung, aber auch Genuss werden. Wir marschieren um 6 Uhr von der Essener Rostocker Hütte (Vorstellung der Hütte >>>) los, um noch feste Gletscherbrücken vorzufinden und eventueller Steinschlaggefahr auszuweichen.
Über Moränengeröll bis zur Abzweigung auf die Rostocker Egge, dem wanderbaren Hausberg der Essener Rostocker Hütte. Von dort unmarkiert von Steinmandl zu Steinmandl. Den Fuß eines Steinschlag gefährdeten Hanges heißt es einzeln und im Laufschritt zu queren, da bereits die ersten Sonnenstrahlen jenes Eis aufzuweichen beginnen, das die Steine wie Zement umschließt. Dann auf den wohl wildesten Gletscher, den ich je erlebt habe. Der heiße Sommer hat aus dem an sich gutmütigen Firnfeld ein unglaublich labiles Spaltenlabyrinth geschmolzen - dünne Brücken über bis zu 40m tiefen Spalten, schier ausweglose Sackgassen, hartes Eis statt weichem Schnee ... wir benötigen fast 3 Stunden, um aus diesem Gewirr von Abgründen endlich den festen Boden des Reggentörls zu betreten (3056m).

Dort heißt es einmal ordentlich verschnaufen, das Nervenkorsett wieder zurecht rücken und die Steigeisen ablegen. Über einen Geröllhang auf das Umbalkees (wenig Spalten), diesen gequert bis zum Südwestgrat der Vorderen Grubachspitze. Über diesen in unschwieriger Blockkletterei zum Gipfel. 6 Stunden haben wir für eine Tour benötigt, für die man normaler Weise keine 3 Stunden braucht. Dafür haben wir uns aber eine grandiose Aussichts-Sonnenterrasse erkämpft mit herrlichem Panorama auf Simonyspitze, Großvenediger, Großen Geiger, ja sogar bis zu den Dolomiten (Marmolata), Zillertalern und Ötztalern reicht der Blick und aus dem Dunst schält sich verschlafen der Großglockner. Dieses Sonnen- und Aussichtsbad wird uns wohl ebenso lange in Erinnerung bleiben wie die darauffolgende Rückkehr über den Monster-Gletscher.

Panoramablick vom Gifel


Abstieg

W.o., Simonysee

GZ 3 Stunden

Rückweg

Langsam, langsam - jeden Schritt voraussehend, abmessend, den einzig möglichen Weg errechnend, das Risiko jeder Brücke abwägend tasten wir uns zurück auf festen Boden.

Als Draufgabe steuern wir noch den herrlich gelegenen Simonysee an, der allerdings nur über den einen reißenden Gletscherfluss zu erreichen ist. Ein etwa 30cm breiter Balken führt darüber - reine Nerven- und Balancesache ... Einige der Gruppe geben hier auf - die anderen finden ein besonders nettes Platzerl in einer Arena aus Gletscherriesen, rauschenden Flüssen und satt machenden Fernblicken.

Vom See etwa eine Stunde zur Essener Rostocker Hütte zurück.


Schwierigkeiten:

Im Sommer 2003 galt höchste Alarmstufe beim Überqueren der ramponierten und weit aufgerissenen Gletscher. Wer hier ohne Steigeisen und Seil unterwegs ist, kann mit Fug und Recht als Selbstmörder bezeichnet werden. Die Lage kann sich aber bereits in den nächsten Jahren wieder ändern und der Klassifizierung der Tour als "leicht" (siehe Hüttenprospekt) wieder Berechtigung verleihen.

Auch die mit Eis durchsetzten Hänge auf dem Weg zum Gletscher sind in punkto Steinschlag nicht zu unterschätzen.

Höhenmeter: 1000 m
Gesamtgehzeit: ca. 9 Stunden
Beste Jahreszeit: August, September
Kinder: Nicht geeignet
Ausrüstung: Pack-Checkliste >>>
Karte: ÖK 1:50.000, Blatt 151 u. 152; AV-Karte 1:25.000, Blatt 36 "Venediger Gruppe"
Internet:

Hohe Tauern
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