www.BergNews.com
www.bergnews.com www.bergnews.com

Expedition Mustagh Ata - Die Tour - Tag 4-7
Die Tour

Die Tour

Tag 1-3 | Tag 4-7 | Tag 8-9 | Tag 10-16


4. Tag

Basislager - Lager 1 (5400m)

HM: 1000/GZ: 4 Stunden

 

Die drei Steirer in Lager 1

 

Unsere Gruppe - lückenhaft ...

Als es in der Früh schneit, befürchten wir, unseren Gipfelsturm verschieben zu müssen. Wir warten ab.

An diesem Tag zeigt sich auch das leicht Chaotische an unserer Gruppe - alles famose Bergsteiger, aber ein wenig unorganisiert: Weil die Steirer ein Campingzelt (!) ohne jede Sturmverspannung mitgenommen haben, müssen sie sich von abreisenden Österreichern ein sturmsicheres Zelt erschnorren; unser Bayer, der sich Schneeschuhe einreden ließ, kauft sich Ski; ich selbst habe die Unterlagsmatte vergessen, Günther gehen die Filme aus und und und. Weil wir das halbe Basislager leerkaufen, bezeichnet man uns als "lückenhafte" Gruppe - stark untertrieben, wie sich noch herausstellen wird!

Nach dem Lunch verflüchtigen sich Wolken und Pessimismus. Wir nehmen Abschied vom Basislager und starten mit schweren Rucksäcken in Richtung L1.

Die wahren Esel ...

Mit dabei auch Maultiere mit ihren Treibern. Sie schaffen Material für ein chinesisches Forschungslager hoch und sind so sehr bepackt, dass sie Mitte des Weges zu streiken beginnen.

Streilustige Esel ....

Den Treibern bleibt nichts anderes übrig, als ihnen einen Teil der Lasten abzunehmen und selbst zu tragen. Nach weiteren 400 Höhenmetern kommt es jedoch abermals zum Streik der Esel - mit dem Ergebnis:

Wer sind die wahren Esel?

Fragt sich nur: Wer sind die wahren Esel?

Etwas benommen von der Höhe bauen wir unsere Zelte auf, kochen uns Tee und fallen todmüde in die Schlafsäcke.

Zeltaufbau in Lager 1

5. Tag

Rasttag in Lager 1

 

Der Kongur im Hintergrund ....

 

Das Pamir unter uns ....

Unsere Gruppe - eine einzige Lücke ...

Spät vormittags erst kriechen wir aus unseren Wigwams - herrliches, wolkenloses Wetter! Im Norden ragt der Kongur Shan hoch, vor uns breitet sich das Pamir aus, das südlich gelegene Karakorum-Gebirge sollen wir erst weiter oben zu Gesicht bekommen.

Mein Benzinkocher gibt seinen Geist auf (wahrscheinlich wegen des verschmutzten chinesischen Benzins), ansonsten herrscht Zufriedenheit und Optimismus. Wir wollen morgen zu L2, anderntags weiter zu L3 und zum Gipfel - verrückt, steht im Tourenbuch, wir sind verrückt ...

Der Tag vergeht mit Kochen, Pflege und Überprüfung von Ski und Skischuhen - meine haben eine Feststellschraube verloren, ich muss sie mit Draht flicken.

Hubert und Günther unternehmen eine kleine Skitour. Der Salzburger kommt nach etwa 2 Stunden wieder zurück, etwas betroffen, wie wir an seiner Schweigsamkeit bemerken. Günther, der Sachse, bleibt verschollen, taucht auch nach einer weiteren Stunde nicht auf ... Wir fragen Hubert, was denn los sei mit Günther: "Nichts. Er kann nur nicht Ski fahren!", meint der lakonisch. In dem Moment sehen wir Günther mit den Skiern in der Hand den Hang herunterstapfen: "Scheiß Schnee ...", murmelt er betrübt und wird sich noch am selben Tag Schneeschuhe besorgen. Nun ja - wenn da noch einer meint, wir seien "lückenhaft", irrt er sich gewaltig! Wir sind nämlich eine einzige Lücke ...

6. Tag

Lager 1 (5400m) - Lager 2 (6050m)

HM: 650m/GZ: 4 Stunden

 

 

 

 

 

 

 

Eishöhle

 

Bizarre Formen

 

Beim Verlassen des Gletscherbruchs

Die unbemerkte Frechheit ...

Wir sind, wo wir eigentlich um diese Zeit gar nicht sein dürften - in Lager 2, verzeichne ich im Tourenbuch.

Während die Steirer wegen Magenproblemen wieder ins Base absteigen, lassen sich Hubert, Philip, Günther und ich vom schönen Wetter und unserer einwandfreien körperlichen Verfassung dazu verleiten, unsere Siebensachen zu packen und loszumarschieren. Günther mit Schneeschuhen, wir anderen per Ski.

Aufbruch in Richtung Gletscherbruch

Die Etappe zum Lager 2 gehört sicher zu den eindrucksvollsten und spannendsten: der Gletscherbruch mit seinen bizarren Seracs, Höhlen, klaffenden Spalten und durchhängenden Schneebrücken. Alles nicht so schlimm, wie es sich hier anhört, wir haben sogar Seil, Pickel und Steigeisen im Base gelassen, nachdem wir uns ausreichend über den Zustand des Bruchs informiert hatten. Nur die Harscheisen müssen wir montieren.

Aber langsam - zum Mitschreiben: zunächst über einen sanft ansteigenden Hang hoch zu einer Kuppe, von dort leicht bergab in eine Art Eiskanal. An einer Eishöhle vorbei, wieder hoch, unter gewaltigen Seracs hindurch, wir können uns kaum satt sehen und -fotografieren. Die Spalten sind vom Schneefall der letzten Wochen so fest verschlossen, dass keinerlei Gefahr besteht. An jener einzigen Stelle, wo wir über eine klaffende Spalte müssen, finden wir ein Fixseil vor. Dann in weiten Bögen aus einem Kessel, von dort über einen Schneehang mit fast 35° Steigung, schließlich flacher zu Lager 2 (6050m).

Da die drei tschechischen "Hänse" noch verrückter sind als wir und bereits einen Tag früher L2 eingerichtet haben, miete ich mich in ihr Zelt ein - so spare ich Zeit und Kraft für die Kocherei.

Das sind wir also, wo wir so schnell eigentlich nicht sein dürften - auf 6050m Höhe - ohne gründliche Akklimatisation, ohne den Organismus auf die dünnluftigen Verhältnisse eingestimmt zu haben. Der registriert aber noch immer nichts von der ungewohnten Umgebung - sehr lückenhaft! Mir geht es ausgezeichnet, schnell erhole ich mich von der Anstrengung des Aufstiegs. Auch der Berg bemerkt nichts vom Frevel unseres kaltschnäuzigen Vorpreschens, bleibt gut gelaunt, döst ahnungslos vor sich hin - also ruhig bleiben, flüstern, ja kein lautes Wort! Morgen schleichen wir uns auf leisen Sohlen weiter hoch ...

Hubert und GüntherThomas und Philip

7. Tag

Lager 2 (6050m) - Lager 3 (6800m)

HM: 750m/GZ: 5 Stunden

In Richtung L3

 

Erschöpft in L3

Unsere Gruppe - eine einzige gewaltige Gletscherspalte ...

Wir fühlen uns den Umständen entsprechend gut, packen zusammen und marschieren bei gutem Wetter los. Dabei begehen wir den einzigen, wirklich kapitalen Fehler dieser Tour: Um Gewicht zu sparen, nehmen wir nur 2 Kocher mit - die Folgen dieses Fehlers werden wir in den nächsten Tagen zu spüren bekommen...

Über einige steilere und flachere Hänge stapfen wir hoch, die Gletscherspalten liegen außerhalb unserer Route zur linken und rechten Seite. Bei Punkt 6800m finden wir nur wenige Zelte vor. Dabei auch ein verlassenes, fast zugeschneites - jenes des vermissten Chinesen? Philip und ich mieten uns darin ein, sodass wir den anderen beim Aufbau ihres Wigwams helfen können. Die Stimmung ist gedrückt, jeder liegt erschöpft danieder, die Köpfe brummen, langsam merken unsere Körper, wo er ist und wie er auf die veränderten Umstände zu reagieren hat.

Allein ich bleibe auf, weil Tee gekocht werden muss, will Philips Kocher anwerfen - vergeblich. Das lückenhafte Ding hat seinen Geist aufgegeben. So bleibt also nur mehr ein einziger (!) Kocher für vier Personen - eigentlich ein Anlass aufzugeben und die Tour sofort abzubrechen.

Aber nicht mit mir! Bis zum Anbruch der Dunkelheit verbringe ich die Zeit damit, etwa 5 Liter Tee zu kochen (es dauert fast eine Stunde, bis man in dieser Höhe Schnee zu einem Liter Wasser geschmolzen hat), genug für die Nacht, viel zu wenig für den morgigen Tag.

Die Nacht vergeht ruhelos - Platznot, dünne Luft und die Erwartung des kommenden Gipfeltages lassen keinen Schlaf aufkommen.


Die Tour - Tag 1-3 | Tag 4-7 | Tag 8-9 | Tag 10-16

Die Tour